rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der „Anteile am Gesellschaftsvermögen” i. S. v. § 1 Abs. 2a GrEStG. mittelbare Beteiligung unbeachtlich. Anwendbarkeit persönlicher Steuerbefreiungen. Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit eines Zischenurteils im Verfahren wegen Grunderwerbsteuer bei streitiger Bemessungsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der „Anteile am Gesellschaftsvermögen” i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG meint den schuldrechtlichen, gesellschaftsvertraglichen Anspruch des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesamthand in Gestalt des Wertanteils am Reinvermögen der Personengesellschaft. Es umfasst sein „Mitgliedschaftsrecht” und die ihm anhaftende Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen. Der Anteil eines Kommanditisten am Gesellschaftsvermögen ist auch vor dem Hintergrund eines gegebenenfalls negativen Kapitalkontos nicht der Komplementärgesellschaft zuzurechnen.

2. Entscheidend für die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG ist der unmittelbare Gesellschafterwechsel i. S. d. bürgerlichen Rechts. Auf die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

3. Persönlichen Steuerbefreiungen i. S. d. § 3 GrEStG sind auch auf den fiktiven Grunderwerb nach § 1 Abs. 2a GrEStG anwendbar.

4. Ist eine Anfechtungsklage gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid erhoben und ist der Steueranspruch nach Grund und Betrag streitig, so ist ein Zwischenurteil über den Grund zulässig, wenn das Bestehen des Grunderwerbsteueranspruchs dem Grunde nach bejaht wird und die Frage nach der Höhe des Besteuerungsmaßstabs noch nicht entscheidungsreif ist.

5. Die Entscheidung über die Steuerbarkeit und den Umfang der Steuerpflicht durch Grundurteil ist unter dem Gesichtspunkt der Verfahrenswirtschaftlichkeit zweckmäßig, wenn wegen der Höhe des der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legenden Grundbesitzwerts ein Rechtsstreit von unbekannter Dauer zu erwarten steht und sich die gerichtliche Klärung der Rechtsfragen der Steuerbarkeit und der Steuerpflicht wegen des prozessrechtlichen Erfordernisses der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO auf unbestimmte Zeit verzögern würde.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, 3, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Nr. 6; FGO §§ 99, 74

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der dem an die Klägerin gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid vom 18. November 2010 zugrundeliegende Sachverhalt den Tatbestand eines gemäß § 1 Abs. 2 a des Grunderwerbsteuergesetzes steuerbaren Grundstückserwerbs der Klägerin erfüllt.

2. Es wird weiterhin festgestellt, dass der unter Nr. 1 bezeichnete Grundstückserwerb der Klägerin nur in Höhe von 30% der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage von der Grunderwerbsteuer befreit bzw. im Umfang von 70% der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage steuerpflichtig ist.

3. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte gegen die Klägerin als Folge des Wechsels ihrer Gesellschafter aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags vom März 2006 dem Grund und der Höhe nach zu Recht Grunderwerbsteuer festgesetzt hat.

Die Klägerin ist eine am 8. Juli 1999 gegründete Kommanditgesellschaft mit Sitz in S, zu deren Gesellschaftsvermögen das auf dem Grundstück in S im Erbbaurecht errichtete Freizeitbad … gehört. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne Kapitalanteil war ursprünglich die A GmbH, …. Einziger Kommanditist der Klägerin war ursprünglich B, wohnhaft in T, mit einem Kapitalanteil von … EUR. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. März 2006 (Notar … URNr. 216/2006) vereinbarten B, dessen drei Söhne, C, D und E, dessen Neffe, F, und die Fa. Z GmbH & Co. KG mit Sitz in T eine Vielzahl u.a. die Klägerin betreffende gesellschaftsrechtliche Veränderungen. Persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil der Z GmbH & Co. KG war zu diesem Zeitpunkt die Fa. Y GmbH, … und der einzige Kommanditist der letztgenannten Kommanditgesellschaft war B mit einem Kapitalanteil von … EUR. Laut Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts T vom 14. Juni 2006 änderte die Z GmbH & Co. KG im weiteren Verlauf ihre Firma in Y GmbH & Co. KG (im weiteren Y KG genannt).

Im Einzelnen enthielt der notariell beurkundete Vertrag vom 14. März 2006 folgende den Streitfall betreffende Bestimmungen:

Zum ersten übertrug B seinen gesamten Kommanditanteil an der Klägerin auf die Y KG. Zum zweiten erhöhte B seinen Kapitalanteil als Kommanditist der Y KG um … EUR auf nunmehr … EUR. Zum dritten erwarben erstmals F an der Y KG einen Kommanditanteil von … EUR sowie C, D und E hieran jeweils einen Kommanditanteil von … EUR. Zum vierten verkaufte B seinen Kommanditanteil an der Y KG von nunmehr … EUR in Höhe von … EUR an F, und jeweils in Höhe von … EUR an C und D und schied als Gesellschafter aus der Y KG aus. Schließlich schied die bisherige persönlich haftende Gesellschafterin der Y KG aus. An deren Stelle trat ebenfalls ohne Kapitalanteil die Y Holding ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge