Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivierung von „Buy-Back”-Rückstellungen. Bewertung einer Rückkaufsoption

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Verpflichtung aus einer Option, zuvor verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, ist eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten Entgelts auszuweisen und erst bei Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen, da in der Einräumung der Option eine wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Leistung zu sehen ist, die losgelöst von dem nachfolgenden (Rück-)Übertragungsgeschäft zu beurteilen ist (vgl. BFH v. 11.10.2007, IV R 52/04, BStBl II 2009, 705 und v. 17.11.2010, I R 83/09, BStBl II 2011, 812).

2. Auf die Grundsätze dieser BFH-Urteile kann sich die einen Kfz-Handel betreibende GmbH für die von ihr passivierten „Buy-Back Rückstellungen” berufen, da das Bilanzierungsverbot des § 5 Abs. 4a EStG keine Anwendung findet, wenn sich die GmbH bei Abschluss der Verträge über den Verkauf der Neuwagen an eine Leasinggesellschaft verpflichtet, die verkauften Fahrzeuge nach Ende der Leasingzeit nach einem entsprechendem Angebot „Andienungsrecht”) der Leasinggesellschaft, welche die Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingverträge auch anderweitig verwerten kann, zu den vertraglich festgesetzten Preisen zurückzukaufen (Rückverkaufsoption) und die Rückverkaufsoption zeitlich befristet innerhalb von 90 Tagen nach Zugang des Rücknahmeprotokolls bzw. nach Erstellung eines Sachverständigengutachtens auszuüben ist.

3. Gegen die Vereinbarung einer Option spricht nicht, dass in der Rechnung über den Fahrzeugverkauf nur das Entgelt für das Fahrzeug, nicht jedoch für die Option ausgewiesen ist.

4. Die Bewertung der Rückkaufverpflichtung hat gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder einem höheren Teilwert zu erfolgen. Steht die Entstehung einer Verbindlichkeit in ursächlichem Zusammenhang mit dem Zufluss eines Ertrags, wird der den Anschaffungs”kosten” entsprechende Wert durch den Anschaffungs”ertrag”, also die vereinnahmten Optionsprämien, bestimmt (vgl. BFH v. 18.12.2002, I R 17/02 BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126).

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 4a, § 6 Abs. 1 Nrn. 3, 2, § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; KStG § 8 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide der Jahre 2004 bis 2007 jeweils vom 3. Mai 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2013 wird das Finanzamt verpflichtet, für die von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen zum Rückkauf von Kraftfahrzeugen („Buy Back”) Rückstellungen für 2004 in Höhe von 1.768.640 EUR, für 2005 in Höhe von 2.071.590 EUR, für 2006 in Höhe von 1.662.290 EUR und für 2007 in Höhe von 1.256.740 EUR anzuerkennen. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen im Einzelnen wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.

2. Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Verpflichtungen aus Rückverkaufsoptionen passivieren kann.

Die Klägerin ist eine mit notariellem Vertrag vom 5. Dezember 1978 gegründete GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Handel mit Kraftfahrzeugen, Zubehör- und Ersatzteilen sowie der Betrieb einer Reparaturwerkstätte. Aufgrund der mit der Firma ABC Leasing GmbH (L) geschlossenen Rahmenvereinbarung über Leasinggeschäfte (Vertrag und Zusatz zur Vereinbarung jeweils in der Fassung vom 3. bzw. 25. September 2003 bzw. vom 20. November 2006) vermittelte die Klägerin der L in den Streitjahren Leasinganträge von Dritten. Nach Abschluss der entsprechenden Verträge bestellte die L die jeweiligen Fahrzeuge bei der Klägerin.

Hinsichtlich der Rückgabe der Fahrzeuge nach Ende des Leasingvertrages wurden folgende Regelungen getroffen:

Vereinbarung vom September 2003:

5.1 Kaufverpflichtung des ausliefernden Händlers

Nach Beendigung eines vermittelten Leasingvertrages ist der ausliefernde Händler verpflichtet, das zurückgegebene Fahrzeug von der L zurückzukaufen.

Vereinbarung vom November 2006:

5.1 Kaufverpflichtung des ausliefernden Händlers

Nach Beendigung eines vermittelten Leasingvertrages ist der ausliefernde Händler verpflichtet, das zurückgegebene Fahrzeug auf Anforderung der L von dieser zurück zu kaufen (Andienungsrecht der L).

Der Rückkaufpreis der Fahrzeuge errechnete sich nach den in den Vereinbarungen im Einzelnen festgelegten Kriterien. Maßgebend war insoweit grundsätzlich der Restwert des Fahrzeugs, der maximal um 3 % des Tabellenwertes angehoben werden konnte, eine Reduzierung des Restwertes war ausgeschlossen. Außerdem wurden unter anderem so genannte Mehr- bzw. Minderkilometer berücksichtigt (so genannter Rücknahmewert). Hinsichtlich der Rü...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge