Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Anpassung des Bodenrichtwerts und dem Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Höhe des Bodenrichtwerts ist bei Erschließungskosten von Bedeutung, ob diese bereits geltend gemacht waren, d. h. vom bisherigen Eigentümer zu tragen waren, oder ob sie erst in der Person des Erwerbers entstehen. Die in R 163 ErbStR getroffene Auslegung ist sachgerecht

 

Normenkette

BewG § 145 Abs. 3, § 138 Abs. 3; ERbStR 161 Abs. 5; ERbStR R 163 2003

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt = FA) zu Recht den sog. Bedarfswert für ein unbebautes Grundstück anhand des vom Gutachterausschuss ermittelten Richtwerts angesetzt hat oder ob aufgrund eines vom Kläger vorgelegten Gutachtens ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen ist.

Durch Erbschaft erwarb der Kläger am 6.5.1997 einen ½-Miteigentumsanteil an dem unbebauten Grundstück FINr. … in der Gemarkung A.. Mit Bescheid vom 3.8.1998 hat das FA den Grundstückswert für das 905 qm große Grundstück anhand des Richtwertes von 700 DM zuzüglich eines Zuschlags von 50 DM für Erschließung auf 543.000 DM und den Anteil des Klägers auf 271.500 DM festgestellt. Laut der vorgelegten Richtwertkarte (Bl. 68 FG-Akte) geht der Richtwert für den Ortsteil H. von einer zulässigen Geschossflächenzahl von 0,5 aus. Dies entspricht der im rechtskräftigen Bebauungsplan festgesetzten Geschossflächenzahl (vgl. Bl. 71 ff. FG-Akte). Das im Bebauungsplan eingetragene sog. Baufenster ist ca. 300 qm groß, die Grundflächenzahl beträgt 0,3, zulässig ist ein Vollgeschoss. Im Bebauungsplan eingetragen ist ferner eine Stichstraße, für die zur Abrundung zwei kleine Grundstückstellfächen (ca. 30 qm) von dem streitbefangenen Grundstück benötigt werden. Nach einer Auskunft der Stadt … vom 28.4.2003 (Bl. 71 FG-Akte) sind von den Erschließungskosten bisher nur die Kanalherstellungskosten mit Bescheid vom 16.7.1991 in Höhe von 6.697 DM geltend gemacht worden. Die Geschossflächenzahl von 0,5 entspreche dem Bebauungsplan.

Im Einspruchsverfahren legte der Kläger ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vor (Bl. 10 FA-Akte, vgl. auch Bl. 45 ff FG-Akte), in dem diesen den Verkehrswert des streitbefangenen Grundstücks auf den 1.9.1997 mit 220.000 DM ermittelt. Der Gutachter geht gleichfalls vom Richtwert in Höhe von 700 DM/qm aus: Hiervon werden jedoch folgende Abschläge gemacht:

fehlende Infrastruktur

./. 200 DM

geringe Ausnutzung

./. 150 DM

Denkmal in unmittelbarer Nähe

./. 80 DM

eingeschränkte Ver- und Entsorgung

im öffentlichen Bereich

./. 25 DM

Bodenwert

245 DM.

In einem Schreiben vom 28.6.1999 (Bl. 15 und 38 FA-Akte) erläutert der Sachverständige die von ihm gemachten Abschläge wie folgt:

„1. Zu Punkt 2, Blatt 5, 1 des GA „Abschlag wegen geringer Ausnutzungsmöglichkeit” Die zulässige Nutzung laut Bebauungsplan beträgt 0,5. Das eingetragene Baufeld lässt jedoch nur die Bruttogeschossfläche von maximal 200 qm zu.

Rechnung:

GFZ – zul.

= 0,50

× 905 qm =

402,50 qm

GFZ – vorh.

= 0,221

× 905 qm =

200,00 qm

für den Abschlag gilt proportional: 0,221/0,50

= 44,20 %

Bodenwert abgeschlagen 44,2 % aus 700,– DM/qm

= 309,40 DM/qm

2. zu Punkt 4, Blatt 5, 1 des GA. „Abschlag wegen eingeschränkter Ver- und -Entsorgung” (Erschließung) vgl. hierzu Protokoll der Ortsbesichtigung.

Die Erschließung, vornehmlich im Straßenbereich mit Zubehör laut § 97 BGB ist höchstens zur Hälfte vorhanden. Auf das Grundstück kommen noch Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträge zu.

Die Erschließungskosten sind mit DM 50,–/qm anzunehmen.

Der Abschlag mit ½ = DM 25,– ist gerechtfertigt.

Ansatz:

309,40 DM/qm minus 25,– DM/qm

= 284,40 DM/qm

3. zu Punkt 3, Blatt 5, 1 des GA. „Abschlag wegen Denkmal in unmittelbarer Nähe”

Die Denkmalämter verbieten allgemein die Anwendung von Materialien zur Herstellung alternativer Energiegewinnung, wie Solarzellen auf dem Dach mit optimalem Neigungswinkel (ca. 60°) auf der Südseite, großflächige Verglasungselemente in den Fassaden, frei stehende Nebengebäude (Garagen) außerhalb des Baufeldes. Auflagen in der gärtnerischen Gestaltung und Umzäunung

Dadurch entsteht an dieser Stelle ein erheblicher Miet-Minderwert, der mit 5 % auf 20 Jahre kapitalisiert, zu errechnen ist.

Ansatz

25.000,– DM/700, DM/qm = 35,71

= 248,69 DM/qm

4. zu Punkt 1, Blatt 5, 1 des GA. „Abschlag für fehlende Infrastruktur”:

Dieser Abschlag kann über die erhöhten Aufwendungen für öffentliche und private Transportmittel dargestellt werden.

Ansatz: DM 120,– pro Monat × 12 = 1.440,– DM pro Jahr

ergibt kapitalisiert mit 5 % auch höchstens 20 Jahre = DM 2.880,–

2.880,– DM/905,–

= 3,18 DM/qm

ZUSAMMENSTELLUNG BODENRICHTWERT ANSATZ

700,– DM/qm für F = 905 qm

Aus 1.

Abschlag wg. Nutzg. – 44,2 %

390,60 DM/qm

= 309,40 DM/qm

Aus 2.

Abschlag wg. Erschließung

25,00 DM/qm

= 284,40 DM/qm

Aus 3.

Abschlag wg. Denkmal =

35,71 DM/qm

= 248,69 DM/qm

Aus 4.

Abschlag wg. Infrastruktur.

3,18 DM/qm

= 245,51 DM/qm

Ergebnis der Untersuchung

Die angeführten Abschläge laut Gutachten vom 1/10/1997 (Sticht...

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