Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rückfall des Besteuerungsrechts bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an den Wohnsitzstaat bei Verzicht des Tätigkeitsstaates auf sein Besteuerungsrecht durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das durch das DBA Deutschland-Schweiz der Schweiz als Tätigkeitsstaat zugewiesene Besteuerungsrecht für die Einkünfte eines in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten einer Schweizer Kapitalgesellschaft fällt nicht zur Vermeidung unversteuerter „weißer” Einkünfte an den Ansässigkeitsstaat (Deutschland) zurück, wenn die Schweiz die Einkünfte zwar nach ihrer Gesetzgebung versteuert, jedoch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Arbeitgeber auf eine Besteuerung verzichtet.

2. Die Einkünfte sind i. R. d. Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.

 

Normenkette

DBA-CH Art. 15 Abs. 1, 4, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Buchst. d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2011; Aktenzeichen I R 93/10)

BFH (Urteil vom 12.10.2011; Aktenzeichen I R 93/10)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 05. Januar 2007, geändert mit Bescheiden vom 20. Februar 2007 und 12. März 2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. März 2008 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf EUR festgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das Jahresgehalt des Klägers aus seiner Tätigkeit als Generaldirektor der Firma A mit Sitz in (Schweiz) der deutschen Einkommensteuer zu unterwerfen ist.

Die zusammen veranlagten Kläger hatten im Streitjahr einen Wohnsitz, der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen war, in Deutschland. Der Kläger hatte daneben noch einen Wohnsitz in der Schweiz. Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger.

Der Kläger war vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2006 Generaldirektor bei der A, einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft in. Er bezog aus diesem Arbeitsverhältnis im Streitjahr ein Bruttogehalt von 193.548,00 EUR. Die Tätigkeit übte der Kläger vorwiegend in der Schweiz aus.

Das Einkommen aus dieser Tätigkeit bei der A wurde in der Schweiz nicht der Besteuerung unterworfen, da die Geschäftsleitung der A mit dem schweizerischen Bundesrat am 04. Juni 1992 eine Vereinbarung getroffen hatte, nach der laut Art. 6 alle Mitarbeiter der A mit nicht-schweizerischer Staatsangehörigkeit für die während ihrer Tätigkeit in der Schweiz von der A bezogenen Gehälter von der schweizerischen Besteuerung freigestellt waren.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der A als steuerfreie Einnahmen.

Der Beklagte (das Finanzamt) veranlagte die Kläger, zunächst ohne die nichtselbständigen Einkünfte des Klägers aus der Schweiz zu erfassen.

Mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuerbescheid vom 05. Januar 2007 erfasste das Finanzamt auch das Gehalt des Klägers aus seiner Tätigkeit bei der A in der Schweiz.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich des beantragten vollen Vorwegabzugs mit Bescheid vom 20. Februar 2007 erneut geändert. Am 12. März 2007 erging ein weiterer geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 2008 wurde dem Einspruch hinsichtlich der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 31.160,05 EUR im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers bei der A in der Schweiz stattgegeben. Bezüglich der Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus der Tätigkeit in der Schweiz wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der dagegen eingereichten Klage machen die Kläger geltend, der vom Kläger in der Schweiz bezogene Arbeitslohn als Generaldirektor der A unterliege nicht der deutschen Besteuerung. Die Einkünfte unterfielen dem Art. 15 Abs. 4 des Doppelbesteuerungsabkommens 1992 mit der Schweiz (DBA-CH 1992). Danach stehe grundsätzlich der Schweiz als Einsatz-/Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht an den bezogenen Arbeitseinkünften zu. Obwohl der schweizerische Bundesrat in der Vereinbarung vom 4. Juni 1992 mit der A auf sein Besteuerungsrecht der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verzichtet habe, falle das Besteuerungsrecht nicht zur Vermeidung sogenannter „weißer Einkünfte” an die Bundesrepublik Deutschland als Ansässigkeitsstaat zurück (sog. subject – to – tax – Klausel). Denn entscheidende Voraussetzung für eine Zurückverweisung des Besteuerungsrechts an die Bundesrepublik Deutschland sei, dass der Tätigkeitsstaat (Schweiz) nach seiner Gesetzgebung nicht besteuern könne. Ein Rückfall des Besteuerungsrechts trete nicht ein, wenn der Einsatzstaat, au...

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