rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Treu und Glauben bei der Besteuerung von Kleinunternehmern. Vorsteuerabzug. Umsatzsteuer 2002

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verwaltungsanweisung in Abschnitt 202 Abs. 4 Satz 2 UStR 1992, nach der vom Erfordernis des gesonderten Ausweises des Entgelts in einer Rechnung abgesehen werden kann, verstößt gegen Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie und kann deshalb ein Recht zum Vorsteuerabzug aus einer Rechnung, in der nur den Bruttopreis und die Umsatzsteuer, nicht aber das Entgelt gesondert ausgewiesen sind, nicht begründen.

2. Ein Unternehmer, der durch die entsprechenden Eintragungen in der Umsatzsteuerjahreserklärung zu erkennen gegeben hat, auf die Behandlung als Kleinunternehmer nicht verzichten zu wollen, ist wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens gehindert, nach Eintritt der Fesetzsetzungsverjährung für den Veranlagungszeitraum des Leistungsbezuges unter Vorlage ordnungsgemäßer Eingangsrechnungen nachträglich den Vorsteuerabzug zu beanspruchen.

 

Normenkette

UStR 1992 Abschn. 202 Abs. 4 S. 2; EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 3 Buchst. b; UStG 1991 § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 14, 19

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Klägerin im Streitjahr 2002 der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb dreier Kraftfahrzeuge zusteht.

Die Klägerin – die xxxxxxx GbR i.L. – wurde nach deren Angaben am 1. Oktober 1988 gegründet. Der Gesellschaftsvertrag wurde mündlich abgeschlossen. Gesellschafter sind – zu gleichen Teilen-Herr J. M. und Frau U S. Als Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit wurde „Autohandel” angemeldet.

Laut Rechnungen vom 22. Dezember 1992 hatte die Klägerin mit Lieferung vom selben Tag von Sch einen Pkw VW Golf GT für 29.000 DM und einen Pkw VW Golf GL für 29.460 DM erworben. Mit Datum vom 29. Dezember 1992 hatte Sch über eine Lieferung eines Pkw MB 190 E für 42.150 DM vom selben Tag abgerechnet.

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) hatte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1992 vom 7. Mai 1997 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) (abweichend vom Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom 13. April 1993 und abweichend von der Umsatzsteuer-Jahreserklärung der Klägerin für 1992 vom 11. Februar 1993) die Vorsteuern aus dem (angeblichen) Erwerb der Pkw in Höhe von 3.561,40 DM betreffend den Golf GT, in Höhe von 3.617,89 DM betreffend den Golf GL sowie in Höhe von 5.176,32 DM betreffend den Mercedes Benz 190 E nicht mehr zum Abzug zugelassen und die Umsatzsteuer auf 36 DM (entsprechend den erklärten Umsätzen) festgesetzt. Nach Ansicht des FA lag keine unternehmerische Tätigkeit der Klägerin vor, weil die Lieferung der streitgegenständlichen Pkw an die Abnehmer der Klägerin nicht durch die Klägerin, sondern direkt durch Sch erfolgt sei.

Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1992 vom 7. Mai 1997 blieben erfolglos (Urteil des Finanzgerichts München vom 6. April 2001 14 K 3254/99-Bl. 157 ff Rbh-Akte I).

Am 27. März 2002 stellte Sch erneut Rechnungen über Lieferungen der oben genannten Pkw nunmehr in 1993 mit unverändertem Bruttopreis aus, wies aber neben dem Umsatzsteuerbetrag auch das Entgelt gesondert aus. Zum genauen Inhalt der Rechnungen wird auf Bl. 3-5 der Rechtsbehelfsakte III verwiesen.

In der Umsatzsteuererklärung 2002 vom 26. Februar 2003 errechnete die Klägerin eine negative Umsatzsteuer in Höhe von 6.709,71 EUR, die aus dem Erwerb der oben genannten Pkw laut berichtigter Rechnungen vom 27. März 2002 resultierte. Das FA ließ die Vorsteuer nicht zum Abzug zu und setzte mit Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 28. März 2003 die Umsatzsteuer der Klägerin auf 0 EUR fest.

Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2003).

Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage trägt die Klägerin vor, in der rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts München 14 K 3254/99 sei die Lieferung der streitgegenständlichen Pkw als in 1993 an die Klägerin erbracht gewürdigt worden. Die Rechnungen vom 22. Dezember 1992 und vom 29. Dezember 1992 seien damit als Vorausrechnungen zum Leistungsbezug in 1993 anzusehen, bei denen allerdings bisher kein zutreffender Steuerausweis erfolgt sei, weil das Entgelt nicht gesondert ausgewiesen worden sei. Die Rechnungen vom 27. März 2002 hätten mit ausgewiesener Umsatzsteuer nunmehr die Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug in 2002 erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer 2002 auf einen negativen Betrag von 6.710 EUR festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf den Schriftsatz des FA vom 2. Oktober 2003 sowie auf die Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2003 wird verwiesen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2005 hat das Gericht Beweis erhoben durch die schriftliche Vernehmung des Herrn Sch über die Frage, ob er (Sch) seine laut Rechnungen vom 27. März 2002 in 1993 an die Klägerin erfolgten Lieferungen der Pkw VW Golf GT, Mercedes Benz 190 E und VW Golf GL im Besteuerungszeitraum der Umsatzsteuer unterworfen habe. Er hat da...

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