rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug im Betrugsfall

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird über die Lieferung von Prozessoren mit der Leistungsbeschreibung „CPU Intel Pentium III – 800, 256 KB, 133 MHz” abgerechnet, genügt dies den Anforderungen an die Bezeichnung des Leistungsgegenstandes. Der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen scheitert auch nicht daran, dass die Rechnungen über die CPU Prozessoren nicht in allen Fällen mit einer Seriennummer des Herstellers versehen sind. Ausreichend ist vielmehr, dass die Angaben in den Abrechnungspapieren so eingehend und genau sind, dass sie ohne weiteres Gewissheit über Art und Umfang des Leistungsgegenstands zu verschaffen vermögen.

2. Dienen die in Rechnungen ausgewiesenen Umsätze, denen keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen zu Grunde liegen, allein der Darstellung höherer Umsätze, um dadurch beim Börsengang die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschleiern bzw. zu verbessern, scheidet ein Vorsteuerabzug aus.

3. Die aus Scheinrechnungen über die Weiterveräußerung nicht bezogener Waren gem. § 14 Abs. 3 UStG 1999 (§ 14c UStG 2005) geschuldete Steuer, ist nicht gem. § 163 AO zu erlassen, wenn der Nachweis der Beseitigung der Gefährdungslage nicht gelingen kann, nach dem die in den Rechnungen ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abgezogen wurde und eine Rechnungsberichtigung wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Rechnungsempfängers bzw. deren zwischenzeitliche Löschung im Handelsregister ausscheidet und eine Rückzahlung der durch Änderungsbescheide zurückgeforderten Vorsteuerbeträge nicht erfolgt ist sowie sachliche Billigkeitsgründe nicht ersichtlich sind.

 

Normenkette

UStG 1999 § 14 Abs. 3, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; UStG 2005 § 14c; EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 2 Buchst. a, Art. 17; AO § 163

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.07.2013; Aktenzeichen V B 21/12)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2001 vom 27. November 2003 in Gestalt des Umsatzsteuerbescheids für 2001 vom 03. Januar 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2004 wird die Umsatzsteuer für 2001 auf einen Negativbetrag von … EUR festgesetzt. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 52% und der Kläger zu 48%.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger hat im Jahr 2009 als Insolvenzverwalter das zunächst wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Verfahren der XY GmbH (nachfolgend: XY) wieder aufgenommen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der XY war zunächst (B.S.), ab 1. Mai 2001 trat K. in die Gesellschaft ein und wurde ebenfalls zum Geschäftsführer bestellt.

Auf Grund der Ergebnisse einer Prüfung der Steuerfahndungsstelle (Steufa) ließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) von der XY geltend gemachte Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt …,– DM (= … EUR: …,– DM im Januar 2001, …,– DM im Februar 2001 und …,– DM im März 2001) nicht mehr zum Abzug zu.

Rechnungsdatum

Name des Lieferanten

Stückzahl CPU

Vorsteuerbetrag/DM

15.01.2001

T. GmbH (T)

22.01.2001

L. GmbH (L)

22.01.2001

C. GmbH (C)

24.01.2001

T. GmbH

30.01.2001

T. GmbH

13.02.2001

L. GmbH

20.02.2001

L. GmbH

07.03.2001

L. GmbH

07.03.2001

T. GmbH

08.03.2001

T. GmbH

09.03.2001

T. GmbH

12.03.2001

L. GmbH

12.03.2001

T. GmbH

13.03.2001

T. GmbH

14.03.2001

T. GmbH

14.03.2001

L. GmbH

14.03.2001

L. GmbH

15.03.2001

T. GmbH

16.03.2001

T. GmbH

16.03.2001

T. GmbH

Summen:

Nach den Feststellungen der Steufa beteiligte sich die XY an einem betrügerischen, europaweiten Umsatzsteuerkarussell.

Danach war Warengegenstand des Umsatzsteuer-Karussells der zentrale Rechenprozessor (Central Processing Unit – CPU –) der Firma (I.). Die CPU's seien außerdem zwischen den beteiligten Unternehmen über mehrere parallele Lieferstränge gekreist. Die XY habe dabei als so genannter Distributer, d.h. als sog. Exporteur ins europäische Ausland fungiert.

Sie bezog die CPU's im Streckengeschäft von den Firmen T, L und C, die ihrerseits die Waren von der Firma H. bezogen hatten. Ihre Abnehmer im europäischen Ausland führten die CPU's nicht einem möglichen Verbau zu, sondern fakturierten sie zu einem nicht unbedeutenden Anteil weiter an wechselnde inländische Scheinfirmen („Missing Trader”).

Nach der Auffassung des Finanzamts wurde durch die genannten Warenbewegungen innerhalb eines Umsatzsteuer-Karussells keine Verfügungsmacht verschafft bzw. stellten diese Vorgänge Scheingeschäfte dar.

Der gegen den Umsatzsteuer-Bescheid 2001 vom 27. November 2003 eingelegte Einspruch der XY blieb erfolglos.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die XY im Wesentlichen folgendes geltend:

Das Finanzamt mache nur allgemeine Angaben zu einem angeblich bestehenden Umsatzsteuer-Karussell, detaillierte Ausführungen seien nic...

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