Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Abtretungsempfängers. Vorausabtretung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendung von § 13c UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (Abschn. 182b Abs. 38 der Umsatzsteuerrichtlinien 2005 sowie BMF, Schreiben v. 24.5.2004, BStBl 2004 I S. 514, Rz. 41) ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob eine Forderung nach dem 7. November 2003 abgetreten worden ist, nicht das Entstehen der Forderung, sondern der Abschluss des Abtretungsvertrags. Der klare Gesetzeswortlaut lässt für eine erweiternde Auslegung keinen Raum. Bei einer vor dem 8. November 2003 vereinbarten Vorausabtretung künftig entstehender Forderungen scheidet daher eine Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG aus.

 

Normenkette

UStG 1999 § 13c Abs. 1 S. 1, § 27 Abs. 7 S. 1; BGB § 398 S. 1; UStR 2005 Abschn. 182b Abs. 38

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.06.2009; Aktenzeichen XI R 57/07)

 

Tenor

1. Der Haftungsbescheid vom 6. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2006 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin für Umsatzsteuerschulden der F-GmbH haftet.

Die Klägerin, ein Kreditinstitut, führte für die F-GmbH ein Girokonto, auf dem eine Kreditlinie in Höhe von 170.000 DM eingeräumt war. Zur Sicherung aller Ansprüche der Klägerin trat die F-GmbH der Klägerin am 16. Juli 1993 ihre sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen sowie aus Mietverträgen im Rahmen einer Globalzession ab.

Am 7. September 2004 machte die Klägerin von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch und stellte die ihr aus dem Girokonto zustehenden Forderungen gegenüber der FGmbH mit sofortiger Wirkung fällig. Im Oktober 2004 zog sie aufgrund der Globalzession Forderungen der F-GmbH, die in den Monaten August und September 2004 entstanden waren, in Höhe von 5.610,76 EUR (darin enthaltene Umsatzsteuer: 956,20 EUR) ein.

Am 2. November 2004 wurde über das Vermögen der F-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Gelder, die aufgrund der an die Klägerin abgetretenen Forderungen betreffend die Monate August und September eingingen, leitete die Insolvenzverwalterin der F-GmbH an die Klägerin weiter. Am 17. März 2005 reichte die Insolvenzverwalterin die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der F-GmbH für August und September 2004 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) ein. Bei der Berechnung der angemeldeten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen wurden die Umsätze, die den eingezogenen Forderungen zu Grunde lagen, berücksichtigt. Hinsichtlich der einzelnen eingezogenen Forderungen wird auf die Übersicht in der Klageschrift (dort Seite 2) verwiesen.

Mit Haftungsbescheid vom 6. März 2006, auf den verwiesen wird, nahm das (für die F-GmbH zuständige) FA die Klägerin gemäß § 13 c Umsatzsteuergesetz (UStG) für Umsatzsteuern der F-GmbH aus den Voranmeldungszeiträumen August und September 2004 in Höhe von 956,20 EUR in Haftung.

Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, § 13 c UStG sei gemäß § 27 Abs. 7 UStG auf Forderungen anzuwenden, die nach dem 7. November 2003 abgetreten worden seien. Maßgebendes Rechtsgeschäft hierfür sei die Globalzession vom 16. Juli 1993, nicht dagegen das Entstehen der einzelnen abgetretenen Forderung. Davon gehe auch der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 8. Juni 2004 (BFH/NV 2004, 1369) aus. Zudem verstoße § 13 c UStG gegen Art. 21 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten (Richtlinie 77/388/EWG).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 18. Juli 2006 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 6. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2006 aufzuheben,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens des FA wird auf den Schriftsatz vom 5. September 2006 verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin haftet nicht für rückständige Umsatzsteuer der F-GmbH.

1. Gemäß § 13 c Abs. 1 Satz 1 UStG haftet der Abtretungsempfänger, soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 an einen anderen Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fäl...

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