rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geschäftsführers einer Bauträger-GmbH für nach § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 UStG 2005 rechtswidrig festgesetzte Umsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steht fest, dass eine Bauträger-GmbH, die keine bauwerksbezogenen Werklieferungen erbringt, nicht die Umsatzsteuer für von anderen Unternehmern empfangene Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 UStG schuldet (BFH v. 22.8.2013, V R 37/10, BStBl II 2014, 128), die rechtskräftige Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber einer Bauträger-GmbH rechtswidrig ist, ist zur Bestimmung des Haftungsumfangs des bewusst die Umsatzsteuererklärungen der Bauträger-GmbH verspätet abgebenden Geschäftsführers für nicht entrichtete Umsatzsteuern gem. §§ 69, 34 AO nicht auf die Fälligkeit der Umsatzsteuer bei rechtzeitiger Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahressteuererklärungen abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der rechtswidrig festgesetzten Umsatzsteuern.

2. Scheidet – trotz rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerhinterziehung – die Annahme einer Umsatzsteuerhinterziehung mangels Steuerverkürzung gem. § 370 Abs. 4 S. 1 AO aus, da die Bauträger-GmbH nicht gem. § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 UStG als Steuerschuldnerin anzusehen ist, kommt eine Haftungs-Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers gem. § 71 i. V. m. § 191 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

 

Normenkette

UStG 2005 § 13b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 4; AO § 370 Abs. 4 S. 1, §§ 71, 69, 34, 191 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung des Haftungsbescheids vom 18. November 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 wird die Haftungsschuld auf 6.233,28 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt) den Kläger zu Recht für Umsatzsteuerschulden der W-GmbH in Haftung genommen hat.

Die GmbH wurde im Jahr 2003 zur Verwirklichung eines Bauvorhabens von zwei Sechsfamilienhäusern und vier Doppelhäusern in K gegründet. Die Wohnungen bzw. Doppelhäuser wurden von der GmbH fertig gestellt und verkauft. Der Kläger war seit Gründung der GmbH, neben R, zu 50 % an der GmbH beteiligt und deren alleiniger Geschäftsführer.

In den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2004 erklärte der Kläger keine Umsätze und führte auch keine Umsatzsteuer für die GmbH ab. Für die Monate Januar bis November 2005 wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Die Voranmeldung für Dezember 2005 ging erst am 15. Juni 2007 beim Finanzamt ein. Die Umsatzsteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005, mit denen die GmbH empfangene Bauleistungen anderer Unternehmer als Steuerschuldnerin im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2005 erklärte, wurden am 17. August 2006 und am 20. Dezember 2007 eingereicht. Die Umsatzsteuer wurde gegenüber der GmbH erklärungsgemäß für 2004 mit Bescheid vom 30. August 2006 auf 7.399,96 EUR und für 2005 mit Bescheid vom 17. Januar 2008 auf 12.857,51 EUR festgesetzt. Für 2006 wurde die Umsatzsteuer im Schätzungswege unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 12.800, – EUR festgesetzt. Hiergegen wurden keine Einsprüche eingelegt. Die festgesetzten Steuerbeträge wurden nicht entrichtet.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 8. Oktober 2010 wurde der Kläger wegen der Hinterziehung von Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 5.496, – EUR und Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 12.857, – EUR zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er als Geschäftsführer der GmbH die Umsatzsteuererklärungen für 2004 und 2005 bewusst verspätet eingereicht und dadurch Steuern verkürzt habe. Die Umsatzsteuerjahreserklärungen wurden dabei zwar als Selbstanzeige nach § 371 AO gewertet. Eine Strafbefreiung trat jedoch mangels Zahlung nicht ein.

Nachdem am 29. September 2008 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet worden war und die Rückstände bei der GmbH nicht mehr beigetrieben werden konnten, nahm das Finanzamt den Kläger nach vorheriger Anhörung mit Haftungsbescheid vom 18. November 2008 als Geschäftsführer nach § 69 Abgabenordnung (AO) und als Steuerhinterzieher nach § 71 AO für die offenen Umsatzsteuerforderungen der Zeiträume 2004 bis 2006 einschließlich Nebenleistungen (Zinsen) sowie für auf diese Zeiträume entfallende Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 33.763,29 EUR in Haftung.

Auf den Einspruch hin wurde die Festsetzung der Haftungsschuld für Umsatzsteuer 2006 sowie den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2006 mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 aufgehoben und die Haftungsschuld auf insgesamt 20.773,29 EUR herabgesetzt. I...

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