Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Finanzamt und Steuerfahndung: Inhalt und Rechtsweg. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IX R 22/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anspruch auf Auskunft aus Art. 15 DSGVO gewährt keine Akteneinsicht und auch keinen Anspruch auf Überlassung einer Kopie der Verwaltungsakte.

2. Für die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Steuerbereich des Finanzamts ist der Finanzrechtsweg eröffnet, gegenüber der Steuerfahndung der Verwaltungsrechtsweg.

 

Normenkette

DSGVO Art. 15; AO § 32i Abs. 2, §§ 33, 2a, 32a, 32b, 32c

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger aus Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen Anspruch auf Akteneinsicht bzw. Überlassung von Kopien der vom Finanzamt geführten Steuerakten hat.

Vor dem Hintergrund gegen ihn geführter steuerstrafrechtlicher Ermittlungen beantragte der Kläger, der sich zu dieser Zeit in Untersuchungshaft befand, mit Schreiben vom 23.05.2018 vom Beklagten – dem Finanzamt – Auskunft nach Art. 13 Abs. 1 bis 3 DSGVO über alle Daten, die bei ihm selbst erhoben wurden, sowie alle Informationen die sich aus der Anwendung des Art. 14 DSGVO ergeben.

Das Finanzamt lehnte diese Auskunft mit Schreiben vom 25.06.2018 ab und verwies zur Begründung auf § 32c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Abs. 2 AO.

Schon vorher war dem Kläger im Rahmen eines Verfahrens nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch das Finanzgericht München in den Räumen des Finanzgerichts Köln am 20.03.2018 Akteneinsicht in die dort streitgegenständlichen Akten gewährt worden, namentlich in eine Umsatzsteuerakte der Firma „Club X Limited” (Steuererklärungen 2006-2009), eine diesbezügliche Bilanzakte (Bilanzen 2006-2009), eine Umsatzsteuerakte der Firma Y GmbH (Steuererklärungen 2011-2014 sowie USt-Überwachungsbogen zu Voranmeldungen 2015), eine Bilanzakte derselben Firma (Bilanzen 2011-2014), zwei Rechtsbehelfsakten und drei Haftungsakten (über das Haftungsverfahren bezüglich den Firmen „Club X Limited” und „Y GmbH”).

Mit seiner Klage vom 24.07.2018 begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur beantragten Auskunft.

Nachdem das Finanzamt die Vorlage der Steuerakten bei Gericht bzw. Einsicht in dieselben verweigert hat, hat der Kläger klargestellt, dass primäres Klageziel die Auskunft nach der DSGVO sei. Zweites Ziel sei die Vorlage der Steuerakten bei Gericht mit dem Ziel der Einsichtnahme. Dieses zweite Ziel ist im Verfahren zunächst in den Vordergrund gerückt insoweit, als der Kläger mit Schreiben vom 28.04.2020 einen Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO gestellt hat. Das Gericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 11.05.2020 dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegt und mit dem Einverständnis der Beteiligten das Verfahren bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung zum Ruhen gebracht (Beschluss vom 25.05.2020). Der BFH hat den Antrag mit Beschluss vom 09.12.2020 als unzulässig verworfen.

Das Gericht hat das Verfahren mit Hinweis vom 05.04.2022 weitergeführt, in dem es auf die mittlerweile ergangene Rechtsprechung des Senats zum Auskunftsanspruch nach der DSGVO hingewiesen hat.

Der Kläger hat mit Blick auf diesen Hinweis sein Klagebegehren mit Schriftsatz vom 14.04.2022 präzisiert. Er hat darin klargestellt, dass er keinen „Anspruch in Steuerfahndungsakten” geltend mache, sondern Auskunft nach der DSGVO vom Finanzamt begehre. Es werde kein Anspruch nach § 147 StPO geltend gemacht.

Im selben Schriftsatz beantragt der Kläger, die Klage dem EuGH zur Klärung mehrerer Fragen vorzulegen. Darüber hinaus nimmt er ausführlich zur Rechtsprechung des Senats Stellung. Wegen der Argumentation im Einzelnen wird auf diesen Schriftsatz verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Finanzamt zu verpflichten, Auskunft zu geben über die personenbezogenen Daten insoweit, ob das Finanzamt die betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet; soweit dies der Fall ist, weiter folgende Informationen zu geben:

  1. die Verarbeitungszwecke;
  2. die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
  3. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
  4. falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
  5. das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
  6. das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
  7. wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die ...

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