rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG in der Fassung des JStG 2010 auch bei einem Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG, ohne dass mit der Beteiligung bis zur Auflösung der Gesellschaft Einnahmen erzielt worden sind

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der nach Inkrafttreten des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG in der Fassung des JStG 2010 erfolgte entgeltliche Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen (hier: im Jahr 2012) ist ein Indiz dafür, dass der Erwerber nicht mit einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft bereits im Folgejahr gerechnet, sich somit in der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Erfolg und auf einen Liquidationserlös an der GmbH beteiligt hat und daher beim Erwerb der Anteile eine Absicht im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG auf Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 40 EStG oder § 3 Nr. 40a EStG hatte. Muss die GmbH wider Erwarten bereits im Folgejahr insolvenzbedingt aufgelöst werden, ist der Auflösungsverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG deshalb nicht in voller Höhe, sondern nur im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu berücksichtigen. Es kann grundsätzlich auch dann nur ein Abzug von 60 % und nicht 100 % im Jahr der Entstehung des Auflösungsverlustes erfolgen, wenn der Gesellschafter mit der Beteiligung keinerlei Einnahmen erzielt hat.

2. Das Vorhandensein der Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 40 EStG ist lediglich eine Bedingung, die zu irgendeinem Zeitpunkt während des Bestehens der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vorgelegen haben muss. Nicht erforderlich ist nach der gesetzlichen Konzeption, dass die Absicht im eigentlichen Besteuerungszeitraum (hier: im Jahr der Auflösung der Gesellschaft) bestanden hat.

3. Die Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG ist auch nicht verfassungswidrig (vgl. BFH, Urteil v. 2.9.2014, IX R 43/13, BStBl 2015 II S. 257).

 

Normenkette

EStG i.d.F. des JStG 2010 § 17 Abs. 1; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 17 Abs. 2 S. 1; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 17 Abs. 4; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 3c Abs. 2 S. 1; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 3c Ab S. 2; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 3 Nr. 40 S. 1; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 3 Nr. 40a; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.12.2018; Aktenzeichen IX B 60/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den Verlust des Klägers nach § 17 EStG aus der Auflösung der Firma B. GmbH (GmbH) mit Sitz in F. im Jahr 2013.

Der Kläger war an der GmbH mit zwei Geschäftsanteilen im Nennbetrag von jeweils … EUR und … EUR beteiligt, die er durch notariellen Vertrag vom 23. Mai 2012 für … EUR und durch notariellen Vertrag vom 10. August 2012 für … EUR erworben hatte. Insgesamt belief sich die Stammeinlage des Klägers auf … EUR. Die Beteiligungen befanden sich im Privatvermögen des Klägers. Das Stammkapital der GmbH betrug … EUR. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb, das Halten, Verwalten und Verwerten von Beteiligungen und Vermögensanlagen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie das Erbringen von Dienstleistungen im Zusammenhang damit. Überwiegend wurden in den Tochtergesellschaften der GmbH Smartphones der Hersteller A., B., C. und D. repariert. Der Konzernjahresfehlbetrag der GmbH betrug zum 31. Dezember 2011 … EUR. Das EBIT betrug – … EUR.

Über das Vermögen der GmbH wurde am 1. Februar 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 13. Februar 2013 wurde die Gesellschaft aufgelöst. Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 teilte der Insolvenzverwalter Prof. Dr. X mit, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit der Auszahlung von Gesellschaftsvermögen rechnen könne.

Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erklärten neben anderen Einkünften einen Verlust aus Gewerbebetrieb von … EUR.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 4. März 2015 wurde der Verlust nach § 17 EStG nicht berücksichtigt und die Einkommensteuer auf … EUR festgesetzt. Zur Begründung führte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) aus, dass die GmbH noch nicht vollbeendet und die Liquidation noch nicht abgeschlossen sei. Es bestehe noch keine endgültige Gewissheit, dass die Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen rechnen könnten.

Dagegen legten die Kläger mit Schriftsatz vom 9. März 2015 Einspruch ein und teilten mit Schriftsatz vom 24. August 2015 mit, dass sich der geltend gemachte Verlust auf … EUR belaufe.

Zuletzt wurde der Einkommensteuerbescheid 2013 am 19. September 2016 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geändert. Der Besteuerung wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG von … EUR zugrunde gelegt und die Einkommensteuer auf … EUR herabgesetzt. Dabei wurde das Teileinkünfteverfahren aus § 3c Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG angewandt. Dagegen legten die Kläger mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 Ei...

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