Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit einer durch einen Dritten veruntreuten Gesellschaftereinlage als Betriebsausgabe; Gesonderte Feststellung der Einkünfe einer atypisch stillen Gesellschaft; Feststellungsverfahren in einem Fall von geringer Bedeutung; Abzug von Verlusten aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unterschlägt ein Dritter in Empfang genommene Beträge, die als Einlage zur atypisch stillen Beteiligung an einer GmbH vorgesehen sind, können die Verluste als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Dritte --der weder Angestellter der GmbH noch Gesellschafter der atypischen stillen Gesellschaft ist-- eine Inkassovollmacht hat, so dass die Gelder mit der Übergabe an den Dritten in den Vermögensbereich der GmbH gelangt sind und die Einlageverpflichtung erfüllt wird.

2. Sind die Verluste aus der Veruntreuung der Gesellschaftereinlage betrieblich veranlasst, so sind sie im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

3. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung wegen eines Falls von geringer Bedeutung kann unterbleiben, wenn die Einkünfte leicht zu ermitteln und nach einfachem Schlüssel auf die Beteiligten zu verteilen sind und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bei den Beteiligten gering oder nahezu ausgeschlossen ist.

4. Der Verlust aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft ist mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Mitunternehmers abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4; AO 1977 § 179 Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Nr. 2; EStG § 33a

 

Gründe

I.

Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Von Beruf ist der Kl Oberarzt, die Klägerin (Klin) Lehrerin (Oberstudiendirektorin). In der Einkommensteuererklärung 1992 (Streitjahr) machten sie einen Verlust in Höhe von 34.000 DM aus einer Beteiligung an der … GmbH (im Folgenden: GmbH), …, als außergewöhnliche Belastung geltend. Im Einkommensteuerbescheid 1992 vom 5.5.1994 ließ der Beklagte (Finanzamt –FA–) diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu.

Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid trugen die Kl vor, dass es sich insoweit um eine veruntreute Beteiligung (atypisch stille Gesellschaft an der GmbH) handele. Die Klin habe sich mit einem Betrag von 25.000 DM als atypisch stille Gesellschafterin beteiligen wollen (Schreiben des Rechtsanwalts Burger vom 11.10.1993, ESt-Akte 1992 Bl 92). Dementsprechend seien drei Verrechnungsschecks (2 × 10.000 DM und 1 × 5.000 DM) ausgestellt worden. Die entsprechenden Beträge seien aber vom Vermittler der Beteiligung (Prof. Dr. … im Folgenden: S), der eine entsprechende Vollmacht der GmbH gehabt habe, unterschlagen und für private Zwecke verwendet worden. Hieraus ergebe sich, dass der durch die Unterschlagung der Gelder erlittene Beteiligungsverlust als Verlust aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sei.

Am 11.12.1991 hatte die Klin zusammen mit der GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft abgeschlossen. Für die GmbH war dieser Vertrag von ihrem Geschäftsführer (Dipl.-Kfm. G. …) unterschrieben worden. Die Klin hatte sich darin zur Zahlung einer Einlage in Höhe von 50.000 DM verpflichtet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Vertrag (Anlage zur FG-Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.4.1992 (FG-Akte Bl 40) wurde dieser Vertrag gegenüber der GmbH wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten bzw. fristlos gekündigt sowie die bezahlten Beträge (25.000 DM) wieder zurückgefordert. Gerichtlich wurde diese Forderung nicht weiter verfolgt. Eine Auseinandersetzungsbilanz entsprechend Ziff. 11 des Gesellschaftsvertrags wurde ebenfalls nicht erstellt.

Mit Vollstreckungsbescheid vom 23.7.1992 (FG-Akte Bl 69) wurde die Zahlung eines Betrages von 35.000 DM (25.000 DM Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung und 10.000 DM wegen Darlehen) gegenüber S geltend gemacht. Die Vollstreckung blieb erfolglos. Am 5.12.1991 hatte S gegenüber dem …finanzamt … eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögenslosigkeit abgegeben. Zur Begründung eines am 14.4.1992 gestellten Arrestantrags (FG-Akte, Bl 31 ff) war vorgetragen worden, dass sich S offensichtlich nach Israel absetzen wolle.

Hinsichtlich der steuerlichen Geltendmachung des Verlustes verwies das FA die Kl auf das beim Finanzamt M. durchzuführende Feststellungsverfahren für die GmbH & atypisch stille Gesellschaft (St. Nr. …). In einem Schreiben an die Klin vom 13.6.1995 (ESt-Akte 1992 Bl 99) hatte das Finanzamt M. seinerseits auf Anfrage ausgeführt, dass aus den Feststellungsakten weder für das Jahr 1991 noch für das Jahr 1992 eine Beteiligung der Klin an der GmbH als atypisch stille Gesellschafterin ersichtlich sei. Eventuelle Verluste seien deshalb im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft nicht anzuerkennen.

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