Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung von Ausschüttungen eines US-Trusts als Schenkung i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG. keine unzulässige Doppelbesteuerung durch Schenkung- und Einkommensteuer bei Besteuerung von Zinsen und Dividenden des Trusts sowohl nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG als auch als Hinzurechnungsbetrag nach § 15 Abs. 1 AStG. Verhältnis von § 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 11 AStG zu § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein nach US-amerikanischem Recht zur Bindung von Vermögen errichteter Trust stellt eine Vermögensmasse ausländischen Rechts i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG dar, wenn das Vermögen nach dem Errichtungsvertrag für einen bestimmten Zweck (Versorgung der Begünstigten) und bis zum Ableben der Begünstigten gebunden ist, weder der Errichter noch die Begünstigte Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen können, der Errichter sich zu seinen Lebzeiten nur eine – von der Zustimmung der Verwalter des Trusts abhängige – Widerrufsmöglichkeit vorbehalten hat und der Trust nach dem Tod des Errichters unwiderruflich ist.

2. Der Trust ist Zuwendender i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG; hieran ändert sich auch nichts durch die Fiktion des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG.

3. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG ist steuerbarer Erwerb der Zwischenberechtigten alles, was die berechtigten Personen nach dem Ermessen der Treuhänder oder aufgrund eigenen Rechtsanspruchs vor der Auflösung des Trusts aus dessen Vermögen oder Erträgen erhalten. Der Besteuerung unterliegen damit auch die ausgeschütteten Vermögenserträge und nicht nur die ausgeschüttete Vermögenssubstanz.

4. Auch wenn es grundsätzlich tatbestandlich ausgeschlossen ist, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG) als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen, schließen sich Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer einerseits und Einkommensteuer andererseits grundsätzlich nicht aus. Es liegt weder eine unzulässige Doppelbesteuerung noch eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung vor, wenn vom Trust ausgeschüttete Zinsen und Dividenden bei der Zwischenberechtigten sowohl nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG der Schenkungsteuer als auch als Hinzurechnungsbetrag nach § 15 Abs. 1 AStG der Einkommensteuer unterliegen (Abgrenzung zum BFH, Beschluss v. 21.7.2014, II B 40/14, BFH/NV 2014 S. 1554); insoweit wird der Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG weder durch § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG noch durch § 15 Abs. 11 AStG ausgeschlossen.

5. Bei der ertragsteuerlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG, die gerade keine Ausschüttung und somit auch keinen tatsächlichen Zufluss an den Begünstigten voraussetzt und dem tatsächlichen Zufluss, der Voraussetzung für den Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG ist (und nach § 15 Abs. 11 AStG ertragsteuerlich nicht steuerbar ist), liegen zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte vor.

6. § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG, wonach die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ErbstG nicht für die Erbschaftsteuer gilt, bezieht sich ausschließlich auf Ertragsteuern, sodass schon deshalb Rückschlüsse auf das Erbschaftsteuergesetz, insbesondere zur Vorrangigkeit der Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG gegenüber dem Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG nicht möglich sind. Der Tatbestand des § 15 Abs. 11 AStG geht nicht als lex specialis dem Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG vor.

 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2, § 15 Abs. 2 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2; AStG § 15 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 11; GG Art. 3, 14 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.06.2021; Aktenzeichen II R 32/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die schenkungsteuerliche Behandlung von Ausschüttungen eines US-amerikanischen Trusts.

Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, war mit dem am …. verstorbenen – ausschließlich in den USA wohnhaften – … (im Folgenden: XY) verheiratet. Seit 2011 hat die Klägerin wieder einen Wohnsitz im Inland.

XY errichtete zum Zwecke der Nachfolgeplanung diverse Trusts nach US-amerikanischem Recht, u.a. den hier streitgegenständlichen „… Trust”. Begünstigter des Trusts ist u.a. die Klägerin. Der aufgrund des Vertrags vom … (in der Version vom …) zu Gunsten der Klägerin errichtete Trust (…) ist nach dem Tod des XY unwiderruflich (vgl. Artikel …). Daneben ist der Trust intransparent und eine selbständige Vermögensmasse. So sind die Verwalter des Trusts in ihren Anlageentscheidungen frei und können uneingeschränkt über das Trustvermögen verfügen (Art. …). Weder XY, der Errichter des Trusts, noch die Klägerin als Begünstigte konnten bzw. können Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen. Beginnend mit dem Tod von XY sollen die Nettoeinnahmen des Trusts gemäß den Verfügungen...

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