Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis einer Überschusserzielungsabsicht für jede einzelne Kapitalanlage. Keine Überschusserzielungsabsicht bei Verwendung des Verkaufserlöses eines Immobilienverkaufs für eine befristete Festgeldanlage, wenn die Schuldzinsen deutlich höher als die Festgeldzinsen sind. Keine Einbeziehung einer verminderten Vorfälligkeitsentschädigung (bei zeitlich späterer Abösung des Darlehens) in die Überschussprognose

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist grundsätzlich auch bei Kapitaleinkünften Voraussetzung für die Besteuerung und für jede einzelne Kapitalanlage gesondert zu prüfen. Eine Gesamtberachtung aller Kapitalanlagen scheidet aus.

2. Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht hatte, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-) Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, d.h. die mutmaßliche Zeitspanne des Haltens der (konkreten) Kapitalanlage, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in dieser Zeitspanne voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab.

3. Wird ein Immobiliendarlehen nach dem Verkauf einer vermieteten Immobile nicht sofort getilgt, sondern wird ein Teil des Verkaufserlöses etwa in Höhe des offenen Darlehensbetrags zeitlich befristet als Festgeld angelegt, und sind während der Dauer der Festgeldanlage die Darlehenszinsen deutlich höher als die Festgeldzinsen, so fehlt der Festgeldanlage die für die Anerkennung eines Werbungskostenüberschusses bei den Kapitaleinkünften erforderliche Überschusserzielungsabsicht. Die Absicht, nach der Beendigung der Festgeldanlage andere, höher rentierliche Kapitalanlagen zu erwerben, und dabei ggf. auch noch andere Eigenmittel einzusetzen, ist insoweit unerheblich; für die Besteuerung ist allein auf der Grundlage des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts maßgebend, wofür die Darlehensmittel verwendet wurden.

4. Der Umstand, dass die Kläger bei einer sofortigen Tilgung des Immobiliendarlehens nach dem Immobilienverkauf eine deutlich höhere Vorfälligkeitsentschädigung zahlen hätten müssen als zum Zeitpunkt der tatsächlichen Tilgung bei Auslaufen der Festgeldanlage rd. sechs Monate später, ist in die Überschussprognose der Festgeldanlage nicht einzubeziehen, da diese ersparten Aufwendungen weder Einnahmen noch Werbungskosten darstellen. Steuerbar sind nur solche Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen VIII R 37/12)

BFH (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen VIII R 37/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Schuldzinsen aus Darlehensverträgen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren Eigentümer des vermieteten Anwesens G-Str. 25 (künftig: Anwesen), das sie Ende des Jahres 2004 zu einem Kaufpreis von 2.080.000 EUR veräußerten. Das Anwesen war über zwei Darlehen bei der E-Bank teilfinanziert. Diese hatten eine vertragliche Laufzeit bis zum 30. Juli 2007 und einen Sollzinssatz von 5,95 %. Die Darlehensschuld betrug im Zeitpunkt der Veräußerung 1.431.616 EUR.

Der Kaufpreis wurde am 11. Dezember 2004 in Höhe von 1.451.756 EUR an die E-Bank verpfändet und in der Zeit vom 3. Februar 2005 bis 15. Juli 2005 auf einem Tagesgeldkonto bei der D-AG mit einer Verzinsung von 2,5 % angelegt. Die Kläger gaben in ihrer Selbstauskunft vom 31. Januar 2005 gegenüber der D-AG die Kredittilgung per 30. Juni 2005 in Höhe von 1,5 Mio. EUR als besonderes Ziel an. Zum 15. Juli 2005 wurden die Darlehen in Höhe von 1.431.616 EUR inklusive einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 81.773 EUR und Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 15. Juli 2005 in Höhe von 52.180 EUR bei der E-BANK getilgt.

Für die Jahre 2005 bis 2007 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers sind die Schuldzinsen in Höhe von 52.181 EUR aus den Darlehen der E-Bank und die Einnahmen in Höhe von 17.852 EUR aus der Festgeldanlage mangels Überschusserzielungsabsicht nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 11. Mai 2010 änderte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) entsprechend den Feststellungen des Betriebsprüfers. Der Einspruch hiergegen hatte keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2011 wird ergänzend verwiesen.

Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, dass geplant gewesen sei, nicht nur den tatsächlich verbleibenden Verkaufserlös von ca. 1,5 Mio. EUR, sondern weiteres Eigen- und Fremdkapital in Höhe von 400.000 EUR in Wertpapiergeschäfte zu investieren. Nach ihrer Berechnung wäre ...

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