Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelungsinhalt eines Verlustfeststellungsbescheids. Keine Feststellung weiterer negativer Einkünfte durch Ergänzungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs, der Verlustvorträge bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus privaten Veräußerungsgeschäften feststellt, beinhaltet gleichzeitig unausgesprochen die negative Aussage, dass bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte des Steuerpflichtigen im betreffenden Veranlagungszeitraum keine weiteren negativen Einkünfte unausgeglichen geblieben sind.

2. Sind in einem bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheid bestimmte negative Einkünfte, die der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung nicht erklärt hatte, nicht berücksichtigt, so ist der Bescheid zwar fehlerhaft, aber nicht ergänzungsbedürftig i.S.v. § 179 Abs. 3 AO. Es ist keine notwendige Feststellung unterblieben, die in einem Ergänzungsbescheid nachgeholt werden könnte.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4 S. 1; AO § 179 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2008; Aktenzeichen IX R 94/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht den Erlass eines Ergänzungsbescheides zum Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2002 wegen eines nach Bestandskraft der Verlustfeststellung erklärten weiteren Verlustes ablehnen durfte.

Der Kläger wurde im Streitjahr 2002 im Wesentlichen entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung veranlagt. Am 11.12.2003 ergingen sowohl der Einkommensteuerbescheid als auch der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2002. Die Einkommensteuer 2002 wurde auf 0 EUR festgesetzt, der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2002 für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 207 EUR und aus privaten Veräußerungsgeschäften mit 386.160 EUR festgestellt. Der mit Schreiben vom 10.1.2004 gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 eingelegte Einspruch wurde mit Schriftsatz vom 9.3.2004 zurückgenommen. Den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2002 ließ der Kläger bestandskräftig werden.

Am 14.9.2004 ging beim Beklagten (Finanzamt) die Nachmeldung eines Verlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus dem Verkauf von S-Aktien in Höhe von 4.642.400 EUR ein. Mit Schreiben vom 8.10.2004 beantragte der heutige Prozessbevollmächtigte für den Kläger, diesen Verlust unter Beachtung des Halbeinkünfteverfahrens nach § 10 d Abs. 4 Satz 5 EStG gesondert festzustellen.

Das Finanzamt lehnte den Antrag mit Schreiben vom 19.10.2004 ab. Dagegen legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Seiner Meinung sei eine Berichtigung der Verlustfeststellung zum 31.12.2002 nach § 10 d Abs. 4 Satz 5 EStG noch möglich. Im Übrigen könnte die Änderung des Verlustfeststellungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) vorgenommen werden. Hilfsweise stellte der Kläger den Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheids nach § 179 Abs. 3 AO, mit dem der nachträglich erklärte Verlust aus § 17 EStG berücksichtigt werde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14.7.2005). Klage wurde hiergegen nicht erhoben.

Der Antrag auf Erteilung eines Ergänzungsbescheids nach § 179 Abs. 3 AO wurde mit Schreiben vom 14.7.2005 abgelehnt. Auch den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet ab (Einspruchsentscheidung vom 19.1.2006). Nach Ansicht des Finanzamts dürften durch den Erlass eines Ergänzungsbescheides nach § 179 Abs. 3 AO die Änderungsvorschriften der §§ 172 ff AO nicht unterlaufen werden. In der Vorschrift des § 179 Abs. 3 AO liege keine die Bestandskraft ergangener Feststellungsbescheide durchbrechende Regelung, sondern lediglich die Eröffnung der Vervollständigung lückenhafter Feststellungsbescheide. Der Feststellungsbescheid vom 11.12.2003 sei aber in diesem Sinne nicht ergänzungsbedürftig, sondern fehlerhaft. Dies verbiete eine nachträgliche Feststellung des verspätet geltend gemachten Verlustes nach § 17 EStG aus dem Verkauf von Sachsenring-Aktien in Höhe von 4.642.400 EUR im Rahmen eines Ergänzungsbescheides nach § 179 Abs. 3 AO.

Hiergegen richtet sich die am 17.2.2006 bei Gericht eingegangene Klage. Der Kläger ist der Ansicht, dass das Finanzamt zu Unrecht den beantragten Erlass eines Ergänzungsbescheids abgelehnt habe. Der Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2002 sei unvollständig. Festgestellt seinen lediglich die Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 207 EUR sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften von 386.160 EUR. Einen Gesamtbetrag des vortragsfähigen Verlustes habe das Finanzamt nicht festgestellt. Es sei auch nicht festgestellt worden, dass keine weiteren Verluste aus anderen Einkunftsarten ...

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