Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung von Verlusten in der Anlaufzeit von in der Regel fünf Jahren. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der bei neu gegründeten Gewerbebetrieben während einer Anlaufzeit von in der Regel fünf Jahren bestehende Anscheinsbeweis für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht ist erschüttert, wenn der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art der Betriebsführung bei objektiver Betrachtung von vornherein nicht in der Lage ist, nachhaltig Gewinne zu erzielen. Im Streitfall ist die vom Kläger nebenberuflich und im Wesentlichen am Wochenende, während der Woche abends nach seiner nichtselbständigen Arbeit sowie teilweise während seines dortigen Urlaubs verfolgte Geschäftsidee im Planungsstadium steckengeblieben, ohne je zu Einnahmen geführt zu haben.

2. Gegen eine Gewinnerzielungsabsicht sprachen im Streitfall auch die Kostenstruktur (überwiegend Personalkosten für eine Geschäftsführerin) sowie der Umstand, dass keine Maßnahmen zur Beseitigung der Verlustursachen getroffen wurden.

3. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt voraus, dass der Unternehmer als Anbieter von entgeltlichen Leistungen für andere Abnehmer am allgemeinen Markt auftritt.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger in den Streitjahren erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb steuerlich anzuerkennen sind.

Der Kläger gründete eigenen Angaben zufolge am 1. August 2009 das aus ihm und der angestellten Managerin S. bestehende, in die Elemente Informationen, Forum und Beratungen gegliederte Unternehmen F., das als Online Portal im Bereich Finanzen mit der geplanten Möglichkeit der mobilen Nutzung über eine Applikation am Smartphone geführt werden sollte. Ausweislich des vorgelegten Businessplans betreffend die F, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, würde die F. einen Umsatz im ersten Jahr des Markteintritts i.H.v. 611.692 EUR (425.068 EUR Nutzergebühren + 186.624 EUR Beratervermittlung) erzielen. Die jährliche Nutzergebühr pro Kunde sollte 4,99 EUR betragen.

Ausweislich des zwischen dem Kläger für die F. und Frau S. abgeschlossenen Arbeitsvertrags vom 24. Juli 2009 beträgt deren regelmäßige Arbeitszeit 37,5 Stunden (§ 3 des Arbeitsvertrages) und das monatliche Arbeitsentgelt 4.800 EUR (§ 4 des Arbeitsvertrages). Gemäß geändertem Arbeitsvertrag vom 30. Juli 2010 wird an Frau S. nach Ablauf des zweiten Jahres des Arbeitsverhältnisses jährlich eine Bonuszahlung zum Februar ausbezahlt (§ 4 des geänderten Arbeitsvertrages). Wegen der Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag vom 24. Juli 2009 sowie dessen Änderung vom 30. Juli 2010 Bezug genommen. Frau S. studierte im Sommersemester 2013 im 10. und im weiteren Verlauf im Wintersemester 2014/2015 im 13. Fachsemester Wirtschaftsrecht an der Uni K.

Der Kläger mietete für die F im privaten Wohnhaus von Frau S. in der L-Str. 14, in Ft mit Vertrag vom 8. Juli 2009 ein Büro mit einer Fläche von 18,90 m² samt zweier vorgelagerter Stellplätze (§ 1 des Mietvertrages) an. Gem. § 6 des Mietvertrages ist die monatliche Grundmiete i.H.v. 163,40 EUR zusammen mit den Nebenkosten i.H.v. monatlich 54,60 EUR und Anschlussgebühren i.H.v. monatlich 30 EUR in einem Jahresbetrag jeweils zum 1. August eines Jahres an die Vermieterin Frau S. auf deren Konto bei der H-Bank zu zahlen.

Der Kläger war in den Streitjahren hauptberuflich nichtselbständig als Consultant in einer Fünftagewoche bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche in München tätig. Er erzielte ausweislich seiner Angaben in den jeweiligen Einkommensteuer(ESt-)Erklärungen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2013 i.H.v. 61.173,94 EUR und im Jahr 2014 i.H.v. 66.337,70 EUR. Er erhielt auf sein Girokonto bei der H-Bank mit der Kontonummer 4… monatliche Nettolohnzahlungen im Jahr 2013 i.H.v. 35.301,86 EUR und im Jahr 2014 i.H.v. 38.815,19 EUR. Auch im Jahr 2015 sowie in den Jahren 2016 und 2017 erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ausweislich seiner Angaben in der ESt-Erklärung 2015 hatte er im Jahr 2015 88 Urlaubs- und Krankheitstage.

Auf seinem Girokonto gingen ferner in den Streitjahren Steuererstattungen i.H.v. insgesamt 59.011,72 EUR für Einkommensteuer und Kirchensteuer ein.

Zudem gingen dort weitere Beträge i.H.v. 44.000 EUR im Jahr 2013 und i.H.v. 4.769,64 EUR im Jahr 2014 ein. Das Cashkonto 4… des Klägers bei der Sparkasse D. wies zum 1. Juli 2011 einen Betrag i.H.v. 150.913,87 EUR und zum 2. April 2012 einen Betrag i.H.v. 101.408,68 EUR auf.

Von seinem Girokonto überwies der Kläger Beträge i.H.v. 78.130 EUR im Jahr 2013 und i.H.v. 50.760 EUR im Jahr 2014 auf ein auf ihn lautendes Konto bei der H-Bank mit der Kontonummer 6…, von dem u.a. die Gehaltszahlungen an Frau S geleistet wurden.

Am 27. Oktober 2014 war der Kläger als Fahrer mit Frau S. als Beifahrerin in ...

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