Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines gegen einen Einkommensteuerbescheid gerichteten Einspruchsschreibens. Einkommensteuer 1998. gesonderter Feststellung des Verlusts nach § 10 d Abs. 3 EStG zum 31.12.1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein von einem Steuerberater eingelegter Einspruch, der seinem Wortlaut nach gegen einen Einkommensteuerbescheid gerichtet ist, kann als Einspruch gegen einen Verlustfeststellungsbescheid auszulegen sein, wenn der Einkommensteuerbescheid auf Null DM lautet und aus dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters zu ersehen ist, dass die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben begehrt wird.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4; FGO § 44 Abs. 1, § 46 Abs. 1; BGB § 133

 

Tenor

1. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 vom 17.7.2000 und vom 9.8.2000 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger (Kl) sind zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Beklagte (das Finanzamt P -FA-) erließ für das Jahr 1998 (Streitjahr) unter dem Datum des 17.7.2000 einen aufgrund der Einkommensteuererklärung der Kl ergangenen Steuerbescheid, durch den eine Steuer von Null DM festgesetzt wurde. Zum 31.12.1997 war ein Verlust von 82.175 DM festgestellt worden, der bei der Veranlagung in Höhe von 62.665 DM erfasst wurde. Ebenfalls unter dem Datum des 17.7.2000 stellte das FA einen verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1998 von 19.510 DM fest. Zuvor hatte das FA S in einem Feststellungsbescheid für den Kl einen im Jahr 1998 zu berücksichtigenden Verlust von 394.765 DM aus dem Betrieb eines … in S angesetzt. Das beklagte FA erließ unter dem 9.8.2000 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem der Verlust aus dem …. berücksichtigt wurde. Ein Verlustvortrag wurde nicht mehr angesetzt. Durch Bescheid vom selben Tage stellte das FA einen verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1998 von 402.576 DM fest. Mit Formularvordruck legte der steuerliche Vertreter der Kl unter dem 11.8.2000 Einspruch „gegen den Steuerbescheid 1998 vom 17.7.2000 über Einkommensteuer” ein. Als Begründung wurde angegeben: „zur Geltendmachung von/der Einkünften aus V+V/Gewerbebetrieb 1998 (Schuldzinsen in der Herstellungszeit, Objekt …-Platz)”. Außerdem wurde auf die in Kürze einzureichenden Anlagen V und GSE verwiesen. Im weiteren Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens legten die Kl einen Jahresabschluss für die …. in K vor sowie eine Anlage V betreffend das Objekt R. Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gaben sie einen Verlust von 173.254 DM an, als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss von 326.059 DM. Mit Einspruchsentscheidung vom 13.7.2001 verwarf das FA den Rechtsbehelf der Kl mangels Beschwer als unzulässig.

Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage wird im Wesentlichen vorgetragen: Der Einkommensteuerbescheid sei Grundlagenbescheid hinsichtlich der in § 10d Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgeführten Beträge. Einwände könnten daher nicht gegen den Verlustfeststellungsbescheid als Folgebescheid geltend gemacht werden, sondern nur gegen den Einkommensteuerbescheid. Folglich liege hier eine Beschwer vor. Im Übrigen sei das Einspruchsschreiben dahingehend auszulegen gewesen, dass auch gegen den Verlustfeststellungsbescheid Einspruch eingelegt werden sollte, weil darin von Schuldzinsen die Rede gewesen sei. Der Rechtsbehelf habe daher auch die Verlustfeststellung betroffen. Außerdem sei auf § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG zu verweisen, der anordne, dass die Änderung der Bezugsgröße des Satzes 2 auch dann möglich sei, wenn der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibe.

Die Kl beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.7.2001 sowie den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 vom 9.8.2000 so zu ändern, wie sich die Steuer bzw. die Besteuerungsgrundlagen bei Berücksichtigung eines weiteren Verlustes aus Gewerbebetrieb von 13.146 DM und eines weiteren Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 17.703 DM ergibt (vgl. Schriftsatz vom 30.11.2001).

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 ist unzulässig, da die Kl durch die Steuerfestsetzung von Null DM nicht beschwert sind (§ 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Einwände gegen die Höhe des vom FA berücksichtigten Verlustes sind bei einer Steuerfestsetzung von Null Euro/DM im Verfahren über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs geltend zu machen (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 9.5.2001 XI R 25/99, BStBl II 2002, 817).

2. Im Übrigen ist die Klage zulässig und zum Teil begründet. Das FA hat zu Unrecht das Schreiben des steuerlichen Vertreters der Kl vom 11.8.2000 nicht als Ein...

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