rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG. Rückwirkung bei der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Veräußerung einbringungsgeborener GmbH-Anteile allein aufgrund der Fiktion des § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG der Besteuerung unterworfen werden darf, wenn der Veräußerer zu keinem Zeitpunkt wesentlich im Sinne der jeweils gültigen Fassung des § 17 Abs. 1 EStG an der untergegangenen (24 %) oder an der aufnehmenden Gesellschaft (8,4 %) beteiligt gewesen ist. In diesem Fall würde die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG in der ab 1999 gültigen Fassung rückwirkend in die nach § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1997 eingetretene Rechtslage eingreifen und einen bereits abgeschlossenen, nichtsteuerbaren Vorgang der Besteuerung unterwerfen.

 

Normenkette

EStG 1997 § 17 Abs. 1 S. 4; UmwStG 1995 § 13 Abs. 2 S. 2; StEntlG 1999/2000/2002; FGO § 69

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 3.12.2002 wird in Höhe von EUR Einkommensteuer von der Vollziehung ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Antragsteller war seit Gründung der A GmbH mit 40 % am Stammkapital von DM 50.000 beteiligt. Am 15.06.1995 verkaufte er Anteile an der A GmbH in Höhe von 24 % an die Antragstellerin. Zum 31.12.1997 wurde die A GmbH zu Buchwerten in die B GmbH eingebracht.

Im Zuge der Verschmelzung erhielt der Antragsteller 5,6% und die Antragstellerin 8,4% Anteile an der B GmbH. Die Antragstellerin veräußerte ihre Anteile im Jahr 2000. Das Finanzamt legte der Besteuerung einen im Weg der Schätzung ermittelten Veräußerungsgewinn zugrunde.

Mit Bescheid vom 3.12.2002 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf EUR fest.

Über den hiergegen eingelegten Einspruch hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Den gleichzeitig mit dem Einspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das Finanzamt mit Bescheid vom 22.01.2003 abgelehnt.

Zur Begründung des am 12.7.2002 nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) bei Gericht gestellten Antrags wird vorgetragen, die Festsetzung verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Ohne die Gesetzesänderung zum 1.1.1999 wäre der Anteilsverkauf steuerfrei geblieben.

Die Anteile seien entgeltlich an die Antragstellerin übertragen worden. Dies ergebe sich aus dem Kaufvertrag und dem Einkommensteuerbescheid für 1995, in dem der Veräußerungsgewinn beim Antragsteller angesetzt worden sei.

Die Änderung des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG stelle eine unzulässige Rückwirkung dar. Die Aussetzung sei auch deswegen geboten, weil zur Streitfrage ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig sei.

Die Vollziehung der Steuerbescheide bedeute für die Antragsteller eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte, da sie ihr gesamtes Vermögen in Wertpapieren angelegt hätten, deren Verkauf zu den jetzigen Kursen zu erheblichen Verlusten führen würde.

Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2000 vom 3.12.2002 in vollem Umfang von der Vollziehung auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt den Antrag abzulehnen.

Die Kaufpreiszahlung sei nicht nachgewiesen. Im Falle einer Schenkung läge auch nach altem Recht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG i.V.m. § 13 Abs. 2 UmwStG eine wesentliche Beteiligung vor. Durch OFD-Verfügung vom 7.10.2002 sei das Finanzamt gehalten, die Aussetzung der Vollziehung wegen einer Rückwirkung der Wesentlichkeitsgrenze abzulehnen.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Akten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist begründet.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO; Bundesfinanzhof –BFH– Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, Entscheidungssammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH –BFH/NV–1998, 994; vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 298).

2. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG). Hierzu genügt es, wenn die Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Fünfjahreszeitraumes in der entsprechenden Höhe vorgelegen hat. Eine wesentliche Beteiligung ist nach der für das Streitjahr maßgeblichen Gesetzesfassung gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zumindest mit 10 % unmittelbar oder mittelba...

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