Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliche Einheit mehrer Betriebe. Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. AfA und Restnutzungsdauer eines gebraucht gekauften Pkw mit Sammlerwert

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Mehrere Betriebe eines Steuerpflichtigen können eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen. Die Stromerzeugung und der Lizenzhandel sind zwei ungleichartige Betätigungen, denen der wirtschaftliche und organisatorische Zusammenhang fehlt, die unabhängig voneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen und die sich auch nicht ergänzen, die mit gänzlich anderen Geschäftspartnern in Verbindung stehen und die eine eigene Finanzierung des Anlagevermögens aufweisen.

2. Die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten liegen nicht vor. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme wegen Vertragsverletzung ist jedenfalls im Streitjahr (noch) nicht gegeben war. Künftige Prozesskosten dürfen für ein am Bilanzstichtag noch nicht anhängiges Verfahren dem Grunde nach nicht passiviert werden.

3. Die Restnutzungsdauer von mindestens drei Jahren für einen 12 Jahre alten und gebraucht gekauften Pkw der Marke Porsche ist schon deshalb nicht zu beanstanden, da für derartige Fahrzeuge aufgrund ihrer besonderen Qualität, wie die Wertentwicklung, der Sammlerwert sowie die zu erzielenden Veräußerungspreise belegen, durchaus eine noch höhere Restnutzungsdauer angesetzt werden kann.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2-3; GewStG § 2 Abs. 1 S. 1; EStG §§ 7g, 4-5, 7

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner (das Finanzamt) in den angefochtenen Bescheiden über die Einkommensteuer 2007 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 zu Recht Investitionsabzugsbeträge nach der ab 2007 geltenden Neufassung (n.F.) des § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von insgesamt 200.000 EUR, Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten aus der Verletzung der Lizenzvereinbarung in Höhe von 125.000 EUR, wegen damit in Zusammenhang stehender voraussichtlicher Rechtsanwalts- und Prozesskosten in Höhe von 100.000 EUR und wegen Vernichtung von Waren in Höhe von 30.000 EUR sowie (auch im Zusammenhang mit dem Lizenzhandel stehende) Reisekosten in die USA (BP-Bericht Tz. 1.6.: 3.445 EUR) als Betriebsausgaben (statt als Anschaffungsnebenkosten der Pkw) nicht berücksichtigt hat und die Absetzung für Abnutzung (AfA) für einen der Pkw um 16.359,15 EUR gemindert hat (vgl. Betriebsprüfungs – BP – Bericht Tz. 1.6. und Tz. 1.8.).

Am 15. Februar 2007 schloss der Antragsteller einen Vertrag mit M für folgende lizenzierte Produkte ab: Schreibunterlage, A 4 College-Block, Schlampermäppchen, Hausaufgabenheft, Notizheft, Set, Schulranzen und Soundpostkarte. Die Lizenzgebühr betrug 12 % des Nettorechnungspreises. Die Mindestlizenzgebühr betrug 10.000 EUR.

Bei seiner Einkommensteuererklärung 2007 (Eingangsstempel des Finanzamts: 30. Januar 2009) machte der Antragsteller in der Bilanz seines Einzelunternehmens S Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG in Höhe von (2 × 32.000 EUR) insgesamt 64.000 EUR für die Anschaffung zweier Photovoltaikanlagen geltend.

Im Zeitraum vom 11. Mai 2009 bis 2. September 2010 fand mit Unterbrechungen beim Antragsteller eine Außenprüfung statt, die sich auch auf die Einkommensteuer 2007 und die Gewerbesteuer 2007 erstreckte.

Am 5. November 2009 beantragte der Antragsteller die Erhöhung der Investitionsabzugsbeträge auf 200.000 EUR und legte jeweils eine Vereinbarung und Bestellung vom 22. November 2007 / 8. Dezember 2007 in Ablichtung für die Installation und Inbetriebnahme zweier Photovoltaikanlagen auf einem Dach in Deutschland mit der A GmbH & Co KG über 80.000 EUR (40 % davon: 32.000 EUR) und 420.000 EUR (40 % davon: 168.000 EUR) ohne Umsatzsteuer vor. Die Installation und Inbetriebnahme erfolge schlüsselfertig durch einen erfahrenen Fachbetrieb (ergänzt bei der Bestellung der Photovoltaikanlage für 80.000 EUR um die Formulierung: „mit dem auch direkt der Kauf- und Werkvertrag geschlossen wird”).

Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung berücksichtigte das Finanzamt im geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 17. November 2010 weder die Investitionsabzugsbeträge von 200.000 EUR noch die Rückstellungen über 255.000 EUR. Der geänderte Bescheid für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 11. November 2010 betraf darüber hinaus nur das Einzelunternehmen S.

Der Antragsteller trägt im Einspruchsverfahren und im gerichtlichen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung vor, dass er neben dem Betrieb der Photovoltaikanlagen ein Einzelunternehmen, das den Vertrieb von Lizenzen zum Gegenstand habe, betreibe. Für diese beiden Tätigkeiten unterhalte er einen Geschäft...

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