Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Feststellung verrechenbarer Verluste. Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1997 und 1998 …

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt nachträglich einen Bescheid über die Feststellung eines verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG erlassen darf, wenn zuvor ein bestandskräftiger Gewinnfeststellungsbescheid ergangen ist und dort in der Rubrik, die für verrechenbare Verluste vorgesehen ist, keine Eintragungen enthalten sind.

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 4

 

Tenor

1. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides vom 12.6.2002 über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a des Einkommensteuergesetzes zum 31.12.1997 und zum 31.12.1998 wird ausgesetzt.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Im Einspruchsverfahren ist streitig, ob der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) nachträglich einen Bescheid über die gesonderte Feststellung eines verrechenbares Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erlassen durfte.

Die Antragstellerin ist als (atypische) stille Gesellschafterin an der X-GmbH beteiligt (Vertrag vom 9.11.1987). Unter dem Datum des 31.5.1999 und des 21.2.2000 erließ das FA aufgrund entsprechender Feststellungserklärungen Bescheide, in denen für die GmbH & Still Verluste von 254.236 DM (1997) und 155.390 DM (1998) festgestellt und auf die Antragstellerin sowie auf die GmbH verteilt wurden (Vordruck „Anlage ESt 1, 2, 3B”). Die Bescheide wurden bestandskräftig und standen auch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen der Bearbeitung der Feststellungserklärung für das Jahr 1999 forderte das FA die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.1.2001 auf, Erklärungen zur Feststellung der verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG für die Jahre 1997 bis 1999 einzureichen. Die Antragstellerin kam der Aufforderung für die Jahre 1997 und 1998 nicht nach, da sie der Ansicht war, derartige Feststellungsbescheide gem. § 15a EStG könnten nicht nachträglich ergehen, nachdem die ursprünglichen Bescheide, in denen keine verrechenbare Verluste festgestellt worden seien, bestandskräftig geworden seien. Das FA erließ unter dem 26.7.2001 Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 15a EStG, die auf Einspruch hin aus formellen Gründen aufgehoben wurden. Unter dem 12.6.2002 erließ das FA gegenüber der Antragstellerin als atypisch stille Beteiligte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verrechenbares Verlustes für die Jahre 1997 und 1998, in dem der verrechenbare Verlust zum 31.12.1997 auf 66.985 DM und zum 31.12.1998 auf 178.767 DM festgestellt wurde. Gegen diesen Feststellungsbescheid wandte sich die Antragstellerin mit Einspruch sowie mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, mit dem sie im Wesentlichen vortrug, der nachträgliche Erlass eines Bescheides nach § 15a Abs. 4 EStG ohne entsprechende Änderungsvorschrift sei unzulässig. Außerdem bestünden ernstliche Zweifel, weil beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 15a Abs. 5 EStG anhängig sei. Mit Schreiben vom 22.8.2002 lehnte das FA den Antrag ab.

Zur Begründung des bei Gericht eingegangenen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung wird im Wesentlichen vorgetragen: Das FA habe in den ursprünglichen Bescheiden alle erforderlichen Feststellungen getroffen. Aus den Bescheiden habe sich auch ergeben, ob es sich um ausgleichsfähige oder nur verrechenbare Verluste handelte. Das Vorgehen des FA unterlaufe die Berichtigungsvorschriften der Abgabenordnung. Darüber hinaus sei wegen der Frage, ob § 15a EStG auch auf Innengesellschaften anzuwenden sei, eine Verfassungsbeschwerde anhängig. …

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Bescheids vom 12.6.2002 über die Feststellung von verrechenbaren Verlusten zum 31.12.1997 und zum 31.12.1998 auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

In der Anlage ESt 1,2,3B zu den ursprünglichen Feststellungsbescheiden vom 31.5.1999 und vom 21.2.2000 sind in der jeweiligen Rubrik „Korrekturbetrag nach § 15a Abs. 1, 2 oder 3 EStG” keine Eintragungen enthalten. Dies könnte als (negative) Entscheidung darüber aufzufassen sein, dass verrechenbare Verluste nicht festzustellen waren, ebenso wie in den Feststellungsbescheiden z.B. auch darüber (negativ) entschieden wurde, dass keine Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben anzusetzen waren. Sollten die Feststellungsbescheide jeweils einen negativen Verwaltungsakt des Inhalts enthalten, dass verrechenbare Verluste nicht vorlagen und es sich um a...

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