rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingetragene Lebenspartner können im Wege der AdV Lohnsteuerklasse wie Verheiratete erhalten. nach Entscheidung des BVerfG eventuell Nachforderungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Wege der AdV kann für eingetragene Lebensparter, die der Pflichtveranlagung unterliegen, die Steuerklassen III/V angewandt werden.

2. Im Falle einer die derzeitige Gesetzeslage bestätigenden Entscheidung seitens des BVerfG kann das FA die zu wenig einbehaltene LSt wohl nur mittels eines Nachforderungsbescheids gem. § 41c Abs. 4 S. 2 EStG einfordern.

 

Normenkette

EStG §§ 38b, 41c Abs. 4; FGO § 69

 

Tenor

1. Der Bescheid über die Feststellung der Lohnsteuerklasse I für den Antragsteller zu1) wird mit der Maßgabe ausgesetzt, dass mit Wirkung ab 1. Januar 2012 bei der Berechnung der Lohnsteuerabzugsbeträge von der Lohnsteuerklasse III auszugehen ist.

Die Aussetzung der Vollziehung endet:

  1. mit Ablauf des 31. Mai eines jeden Jahres, wenn der Antragsteller zu 1) nicht bis dahin seine Einkommensteuererklärung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum beim Antragsgegner eingereicht hat,
  2. mit Eintritt der Bestandskraft jedes künftigen Einkommensteuerbescheides für den Antragsteller zu 1) oder
  3. mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer den Einkommensteuerbescheid für 2012 für den Antragsteller 1) betreffenden Einspruchsentscheidung bzw. Teileinspruchsentscheidung zur Veranlagungsart.

2. Der Bescheid über die Feststellung der Lohnsteuerklasse I für den Antragsteller zu2) wird mit der Maßgabe ausgesetzt, dass mit Wirkung ab 1. Januar 2012 bei der Berechnung der Lohnsteuerabzugsbeträge von der Lohnsteuerklasse V auszugehen ist.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

4. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) die Änderung der Steuerklassen in ihren Lohnsteuerkarten.

Die beiden Antragsteller leben seit 2006 in einer Lebenspartnerschaft. Sie leben nicht getrennt und sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die Lohnsteuerkarten der beiden Antragsteller weisen die Steuerklasse I (ledig) aus. Der Antragsteller zu 1) bezieht Arbeitslohn. Darüber hinaus hat er Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Lt. Schriftsatz vom 27. Juni 2012 hat er im ersten Halbjahr Einnahmen in Höhe von 2.100 EUR erzielt, denen nach eigenen Angaben geschätzte Ausgaben in Höhe von rd. 800 EUR gegenüber stehen. Für das zweite Halbjahr sei von den gleichen Daten auszugehen. Der Antragsteller zu 2) ist Student und hat keine eigenen Einkünfte

Mit Schreiben vom 29. September 2011 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – eine Abänderung der für sie eingetragenen Steuerklasse I mit Wirkung ab 1. Januar 2012 und zwar beim Antragsteller zu 1) in III und beim Antragsteller zu 2) in V. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 lehnte das FA dies ab. Über den Einspruch hiergegen vom 27. Oktober 2011 ist noch nicht entschieden. Eine Abänderung der Lohnsteuerklassen im Wege der AdV hat das FA am 16. November 2011 abgelehnt.

Mit ihrem beim Gericht gestellten Aussetzungsantrag verfolgen die Antragsteller ihr Ziel weiter. Sie tragen vor, dass sie als Lebenspartner aus verfassungsrechtlichen Gründen bei der Lohnsteuer wie Verheiratete zu behandeln seien. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf das schriftsätzliche Vorbringen verwiesen. Zuletzt verweisen sie auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 5. März 2012 III B 6/12 (BFH/NV 2012, 1144).

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, im Wege der AdV die auf ihren Lohnsteuerkarten eingetragene Steuerklasse I mit Wirkung ab 1. Januar 2012 dahingehend abzuändern, dass für den Antragsteller zu 1) die Steuerklasse III und für den Antragsteller zu 2) die Steuerklasse V gilt.

Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Es verweist auf die Gesetzeslage, welche die beantragte Steuerklassenwahl Verheirateten vorbehalte.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag auf AdV ist statthaft.

Im finanzgerichtlichen Verfahren ist vorläufiger Rechtsschutz entweder gem. § 69 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO zu gewähren. Die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung ist gegenüber der einstweiligen Anordnung grundsätzlich vorrangig (§ 114 Abs. 5 FGO). Die Anforderungen für einen erfolgreichen Antrag nach § 114 FGO sind in der Regel deutlich höher. Denn während die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung schon bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes erreichbar ist, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Antragsteller neben dem Anordnungsanspruch auch einen hinreichenden Anordnungsgrund geltend machen kann.

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