rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbarkeit der Abgabe von Zigaretten in geöffneten Schachteln zum unmittelbaren Verbrauch an Bord eines Fährschiffes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die entgeltliche Abgabe von einer geöffneten Schachtel Zigaretten pro Person an Passagiere während der Beförderung an Bord eines Fährschiffes, das ohne Zwischenaufenthalt von einem deutschen Hafen zu einem anderen Hafen im Gemeinschaftsgebiet verkehrt, ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3e UStG i. d. F. ab 1.4.1999 umsatzsteuerbar.

2. Mit dem Auslaufen der Regelung des § 4 Nr. 6b UStG zum 30.6.1999 ist die gem. § 3e UStG steuerbare Lieferung von Gegenständen, die zum Verbrauch an Bord bestimmt sind, auch steuerpflichtig. § 4 Nr. 6e UStG 1999 ist nicht entsprechend anwendbar.

3. Die Regelung des § 3e UStG ist nicht deshalb verfassungsrechtlich bedenklich, weil jegliche Lieferung von Gegenständen während der unmittelbaren Beförderung zwischen einem deutschen Hafen als Abgangsort und einem Gemeinschaftsgebietshafen als Ankunftsort, unabhängig davon umsatzsteuerbar ist, ob die Lieferung zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem sich das Beförderungsmittel in internationalen Gewässern befindet. Dahingegen Lieferungen im Schiffsbeförderungsverkehr zwischen Deutschland und einem Drittstaat bzw. auch innerhalb des Gemeinschaftsgebietes, aber mit Zwischenaufenthalt in einem Drittstaat nach dem Verlassen des Inlands i. S. d. § 1 Abs. 2 UStG i. V. m. Art. 3 Richtlinie 388/77/EWG in internationalen Gewässern auch auf in Deutschland registrierten Schiffen nicht steuerbar sind.

 

Normenkette

UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 3e Abs. 2; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 1 Abs. 2; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 4 Nr. 6b; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 4 Nr. 6e; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 3 Abs. 1; UStG 1999 i.d.F. v. 1.4.1999 § 3 Abs. 9; Richtlinie 388/77/EWG Art. 8 Abs. 1 Buchst. c, Art. 28k Nr. 1, Art. 3; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 63.433,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Steuerfreiheit der Abgabe von Zigaretten auf Fährschiffen.

Die Klägerin betrieb in der Zeit vom 1.7.1999 bis zum 31. 12. 1999 Fährschiffe im Linienverkehr zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden. Die Linien verkehrten zwischen Puttgarden und Roedby (Dänemark), zwischen Sassnitz, Roenne (Dänemark) und Ystad (Schweden) sowie zwischen Sassnitz und Trelleborg (Schweden).

In den Bordrestaurants der Schiffe wurden während der Überfahrten Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle steuerfrei an die Passagiere abgegeben.

Die Klägerin verkaufte in den Verkaufseinrichtungen an Bord während der Beförderung innerhalb genau angegebener Zeiten zwischen zwei Anlegestellen weitere Waren an Reisende, insbesondere Süßigkeiten, Getränke und Tabakwaren. Dabei konnte jeder Passagier – gegen einen bei Fahrtantritt ausgehändigten Coupon – eine vom Verkaufspersonal geöffnete Schachtel Zigaretten steuerfrei erwerben.

Die Klägerin reichte bei dem Finanzamt am 17.1.2002 ihre Umsatzsteuererklärung für 1999 ein. Darin gab sie u. a. steuerpflichtige Umsätze zum Steuersatz von 16 % in Höhe von 78.551.053,00 DM an. Sie errechnete einen Umsatzsteuer-Überschuss von ./. 1.787.750,70 DM. Das Finanzamt stimmte der Erklärung nach § 168 Satz 2 AO zunächst zu.

Im Rahmen einer Außenprüfung (Bericht vom 24.6.2002) stellte das Finanzamt fest, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.7.1999 – 31.12.1999 einen Gesamtumsatz aus dem steuerfrei behandelten Verkauf von Zigaretten in Höhe von 1.798.959,67 DM erzielt hatte. Den Zigarettenverkauf bewertete das FA als steuerpflichtige Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG. Als Lieferung an Bord eines Schiffes sei sie innerhalb des Gemeinschaftsgebietes erfolgt. Als Ort der Lieferung gelte gem. § 3 e Abs. 1 UStG der Abgangsort des jeweiligen Beförderungsmittels im Gemeinschaftsgebiet. Im Wege der Schätzung ordnete das FA 50 % dieser Umsätze Fahrten mit Abgangshafen in Deutschland zu (899.479,33 DM), zog hierin enthaltene Umsatzsteuer (16 %) von 124.066,11 DM ab und errechnete eine zusätzliche Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Lieferungen aus dem Verkauf von Zigaretten in Höhe von 775.413,00 DM.

Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid für 1999 über Umsatzsteuer vom 21.3.2003 erhöhte das Finanzamt – neben anderen, hier nicht streitigen Umsätzen – die Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Lieferungen zum Steuersatz von 16 % wegen der Abgabe von Zigaretten in geöffneten Schachteln um 775.413,00 DM. Darauf entfiel eine Steuer von 124.066,11 DM. Insgesamt setzte das FA Umsatzsteuer in Höhe von ./. 1.647.864,00 DM neu fest. Der Bescheid stand weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Klägerin legte gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 21.3.2003 mit Schreiben vom 23.4.2003 Einspruch ein. Das Einspruchschreiben ging bei dem FA am 25.4.2003 ein. Zur Begründung trug die Klägerin...

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