Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzug eines außerhalb der Kaserne wohnenden Soldaten für in der Kaserne unentgeltlich zur Verfügung stehende und vom Arbeitgeber pauschalversteuerte Gemeinschaftsunterkunft. Doppelte Haushaltsführung eines Soldaten durch Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist einem Bundeswehrsoldaten in der Kaserne unentgeltlich eine Gemeinschaftsunterkunft zur Verfügung gestellt worden, wurde der Sachbezug vom Arbeitgeber ohne Auswirkung auf die Höhe des Brutto- oder Nettogehalts des Soldaten versteuert und hat der Soldat ohne eigenen Hausstand außerhalb der Kaserne gewohnt, so kann er nur die Fahrten von dieser Wohnung zur Kaserne im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten geltend machen. Er kann nicht zusätzlich zu den Fahrtkosten den von der Bundeswehr versteuerten Sachbezugswert für die Gemeinschaftsunterkunft als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen, weil dieser Vorschrift die Spezialregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG im Rang vorgeht. Zudem steht einem Werbungskostenabzug der fehlende eigene Aufwand des Soldaten im Hinblick auf die Gemeinschaftsunterkunft entgegen.

2. Sofern der Soldat in einer Wohnung außerhalb der Kaserne einen eigenen Hausstand hat, begründet die unentgeltliche Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne unabhängig davon eine doppelte Haushaltsführung, ob der Soldat tatsächlich gelegentlich in der Kaserne übernachtet oder nicht (gegen Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil v. 9.1.1991, 7 K 2745/89). Der Soldat kann dann wählen, ob er die Aufwendungen für sämtliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder die notwendigen Mehraufwendungen aus Anlass der doppelten Haushaltsführung (nur eine Familienheimfahrt pro Woche, Unterkunftskosten, Verpflegungsmehraufwendungen) als Werbungskosten geltend machen will; ein Steuerabzug für die Gemeinschaftsunterkunft scheidet aus, wenn der Werbungskostenabzug der Fahrtkosten zu einem günstigeren steuerlichen Ergebnis führt und vom Soldaten auch beantragt worden ist.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nrn. 4-5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.02.2011; Aktenzeichen VI R 9/10)

BFH (Urteil vom 03.02.2011; Aktenzeichen VI R 9/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig sind Werbungskosten.

Der am 24.2.1981 geborene ledige Kläger war im Jahr 2004 Soldat auf Zeit (Hauptgefreiter bzw. Maat) und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Arbeitsstätte befand sich in P. Er war verpflichtet, in einer von der Bundeswehr zur Verfügung gestellten Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Nach Dienstschluss hatte er freien Ausgang. Die Bundeswehr versteuerte die Bereitstellung der Gemeinschaftsunterkunft als Sachbezug mit 43,50 EUR (01 – 03/04) bzw. mit 78,30 EUR (04 – 12/04) ohne Auswirkung auf die Höhe der Brutto- oder Nettogehaltszahlung des Klägers. Ab dem 1.7.2004 bezog der Kläger in Ribnitz-Damgarten eine eigene Wohnung.

Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger u. a. Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung an Arbeitsstätte in Höhe von (232 Tage × 50 km × 0,30 EUR =) 3.480,00 EUR geltend. Außerdem begehrte er die Anerkennung von Unterkunftskosten am Beschäftigungsort in Höhe des von der Bundeswehr versteuerten Sachbezugswertes von (3 × 43,50 EUR + 9 × 78,30 EUR =) 836,00 EUR.

Mit dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 29.6.2005 erkannte das Finanzamt aufgrund der als Werbungskosten beantragten Unterkunftskosten Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur für 46 (Heim)Fahrten in Höhe von 690,00 EUR sowie Unterkunftskosten wegen doppelter Haushaltsführung ab dem 1.7.2004 in Höhe von (78,30 × 6 = 469,80 EUR) 470,00 EUR an.

Dagegen erhob der Kläger am 26.7.2005 Einspruch. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass er nicht verpflichtet sei, tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nachzuweisen. Er habe die Gemeinschaftsunterkunft nicht benutzt, sondern sei arbeitstäglich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gefahren. Der Sachbezug „Unterkunft für Soldaten” sei neben Fahrtkosten gem. der Lohnsteuerrichtlinie R 33 Abs. 4 Satz 2 zu § 9 EStG in Höhe des Sachbezugswertes gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG ganzjährig als Werbungskosten anzuerkennen. Es liege keine doppelte Haushaltsführung vor, weil er die bereitgestellte Gemeinschaftsunterkunft tatsächlich nicht genutzt und deshalb dort nicht „gewohnt” habe, was das FG Rheinland-Pfalz in einem gleichgelagerten Fall festgestellt habe (Urteil vom 9.1.1991, 7 K 2745/89, EFG 1992, 17) .

Mit geändertem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 15.12.2005 erkannte das FA Aufwand des Klägers für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 3.480,00 EUR wie begehrt an, versagte nunmehr aber die Anerkennung der Unterkunftskosten in Höhe des begehrten Sachbezugswertes von 836,00 EUR vollst...

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