rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung der Gesellschafter einer Vorgesellschaft. Abgrenzung: Echte oder unechte Vorgesellschaft. Haftung betreffend Umsatzsteuer 1991 und Säumniszuschläge 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gesellschafter einer echten Vor-GmbH haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich unbeschränkt, anteilig, aber nur im Innenverhältnis, d. h. in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und einer an die Eintragung knüpfenden Vorbelastungshaftung. Dagegen gilt für die Gesellschafter einer unechten Vorgesellschaft stets das Prinzip der unbeschränkten Außenhaftung.

2. Eine Gesellschaft ist nicht als unechte Vorgesellschaft zu qualifizieren, wenn das Bestreben zumindest eines der Gesellschafter darauf gerichtet war, das Eintragungsverfahren betreffend die GmbH ernsthaft zu betreiben, und nach dem wirtschaftlichen Scheitern der Gesellschaft diese abzuwickeln.

 

Normenkette

AO 1977 § 191; GmbHG

 

Tenor

Der geänderte Haftungsbescheid vom 29. August 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt … Euro (… DM.)

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 100 v.H. der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger war einer von drei Gesellschaftern der … (im folgenden GmbH) mit Sitz in …. Die GmbH wurde durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 27. Mai 1991 errichtet. Nach dem Gesellschaftsvertrag war „Spedition” Gegenstand des Unternehmens; ferner gehörten die Aufgaben des Güternahverkehrs und Güterfernverkehrs zum Unternehmensgegenstand (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrag). Jeder Gesellschafter hielt 33,33 v. H. der Geschäftsanteile und war zum alleinvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des § 181; Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten, Geschäftsführer bestellt.

Der Antrag auf Eintragung der GmbH in das Handelsregister ging am 02. Juli 1991 beim Amtsgericht … ein.

Die GmbH nahm ihre Geschäftstätigkeit im August 1991 auf. Der GmbH wurden am 08. Oktober 1991 zwei bis zum 15. Februar 1992 befristete Genehmigungen für Einzelfahrten zur Durchführung des gewerblichen Güterverkehrs nach dem Güterkraftverkehrsgesetz – GüKG – durch das Landesamt für Straßenbau und Verkehr erteilt. Am 02. Oktober 1991 erhielt die GmbH die Erlaubnis für den allgemeinen Güternahverkehr. Die Einzelfahrtgenehmigungen wurden mehrfach verlängert, bis der GmbH im Jahre 1992 zwei sog. Dauergenehmigungen erteilt wurden.

Im September 1991 erwarb sie – neben anderen Fahrzeugen – zwei Lastkraftwagen (LKW) zum Preis von … DM einschließlich … DM „Mehrwertsteuer” – MWSt – sowie zwei Auflieger zum Preis von … DM einschließlich … DM MwSt.

Mit Zwischenverfügung vom 09. September 1991 wies das Registergericht den Notar darauf hin, daß der Eintragung möglicherweise Hindernisse entgegenstünden. Die Beschreibung des Unternehmensgegenstandes erwecke den Anschein, daß die Gesellschaft keine Spedition – Beförderung der Güter durch andere – im Sinne von § 407 Handelsgesetzbuch (HGB) betreibe, sondern die Transporte selbst durchführe, wofür eine Genehmigung erforderlich sein könne. Trotz mehrfacher Erinnerungen beantworteten die Gesellschafter die Zwischenverfügung des Registergerichts nicht.

Am 08. Dezember 1991 führten die Gesellschafter der GmbH eine Gesellschafterversammlung durch und beschlossen, unter Abberufung der übrigen Geschäftsführer, den Kläger zum alleinigen Geschäftsführer zu bestellen und mit Wirkung zum 10. Dezember 1991 51 v.H. der Geschäftsanteile auf den Kläger zu übertragen.

Mit Schreiben vom 29. Mai 1992 teilte der die GmbH vertretende Notar dem Registergericht mit, es hätten sich bei der GmbH Änderungen ergeben. Der Gesellschafterkreis werde sich neu zusammensetzen und der Gesellschaftervertrag werde völlig neu gefaßt werden.

Unter demselben Datum übersandte der Notar an die GmbH den Entwurf eines zuvor mit dem Kläger abgestimmten „Abtretungsvertrages”. Darin war vorgesehen, daß der Kläger die Geschäftsanteile beider Mitgesellschafter übernimmt und den Geschäftsbetrieb als alleiniger Gesellschafter der GmbH fortsetzt. Eine Einigung kam jedoch nicht zustande.

Mit Beschluß vom 14. Januar 1993 wies das Amtsgericht … den Eintragungsantrag unter Hinweis auf seine Zwischenverfügung zurück. Die Eintragung der GmbH in das Handelsregister wurde nicht weiterverfolgt. Ein Liquidationsbeschluß für die GmbH wurde nicht gefaßt.

Die Rückgabe der durch die GmbH geleasten LKW erfolgten durch den Kläger im Oktober 1992 bzw. Januar 1993. Bestehende Mietverträge wurden im Januar 1993 gekündigt, sonstiges noch vorhandenes Anlagevermögen im Dezember 1992 an die Leasinggeber zurückgegeben. Die Arbeitnehmer wurden im Januar 1993 entlassen.

Am 08. März 1993 ging beim bek...

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