rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist nach § 175 Abs. 1 S. 2 AO bei Berücksichtigung geänderter Bilanzansätze in einem ersten Änderungsbescheid und Erlass eines erneuten Änderungsbescheids nach finanzgerichtlicher Anfechtung der Bilanzansätze

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die zur Grundlage einer Steuerfestsetzung oder gesonderten Gewinnfeststellung gewordene Korrektur des Wertansatzes für ein Wirtschaftsgut, das Teil des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres ist, ist ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für die Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung eines Folgejahres, bei der sich der Wertansatz gewinnerhöhend oder -mindernd auswirkt. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Festsetzungsfrist infolge des rückwirkenden Ereignisses gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist der Erlass des Veranlagungsbescheides, in dem die Korrektur des Betriebsvermögens erstmalig endgültig berücksichtigt wurde.

2. Hat eine Betriebsprüfung zu geänderten Bilanzansätzen für Grundstücke geführt, wurde der deswegen erlassene Änderungsbescheid durch Einspruch und Klage angefochten, hat das Finanzgericht unter teilweiser Klagestattgabe von der Betriebsprüfung abweichende Bilanzansätze festgelegt und hat das FA diese geänderten Bilanzansätze in einem zweiten Änderungsbescheid berücksichtigt, so ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist zur Berücksichtigung von Folgewirkungen des finanzgerichtlichen Urteils (hier: geänderte Gebäudeabschreibungen und Auflösung von Ergänzungsbilanzen in Folgejahren) gem. § 175 Abs. 1 S. 2 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der aufgrund des finanzgerichtlichen Urteils ergangene zweite Änderungsbescheid erlassen worden ist, und nicht etwa schon mit Ablauf des Jahres, in dem der nach der Betriebsprüfung ergangene erste Änderungsbescheid erlassen worden ist.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.12.2016; Aktenzeichen IV B 46/16)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 7.578,61 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Erlass der geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1995 bis 1997 am 16.10.2015 der Eintritt der Feststellungsverjährung entgegensteht.

Die Antragstellerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach einer Außenprüfung für die Wirtschaftsjahre bis zum 30.06.1995 erließ der Antragsgegner am 08.03.2000 geänderte Feststellungsbescheide für diese Streitjahre, welche die Antragstellerin sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich angefochten hat. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern entschied am 14.06.2012 mit Urteil über die Klage (2 K 101/10, zuvor 2 K 623/01). Es entschied darin u. a., dass bestimmte Grundstücke zum 01.07.1990 abweichend zu bewerten und dass für einige Kommanditisten negative Ergänzungsbilanzen aufzustellen sind. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.

In Umsetzung des Urteils erließ der Antragsgegner am 04.04.2013 geänderte Feststellungsbescheide für diese Jahre einschließlich des Jahres 1995, soweit das Wirtschaftsjahr 1994/1995 betroffen war.

Der Antragsgegner erließ sodann am 16.10.2015 auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) die streitgegenständlichen geänderten Feststellungsbescheide. Die Änderungen im Feststellungsbescheid 1995 betrafen dabei den Zeitraum vom 01.07.1995 bis zum 31.12.1995.

Die Antragstellerin legte dagegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche der Antragsgegner am 23.11.2015 ablehnte. Eine Entscheidung über den Einspruch wurde noch nicht getroffen.

Die Antragstellerin hat am 17.02.2016 einstweiligen Rechtsschutz durch das Gericht beantragt.

Sie ist der Auffassung, dass für das rückwirkende Ereignis nicht auf den Erlass der geänderten Bescheide am 04.04.2013, sondern auf den erstmaligen Erlass der Steuerbescheide nach der Betriebsprüfung am 08.03.2000 abzustellen sei. Da das rückwirkende Ereignis bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen habe, habe die Feststellungsfrist für die Jahre 1996 und 1997 bereits mit Ablauf des 31.12.2004 geendet. Eine erneute Änderung des Bescheides für 1995 am 16.10.2015 sei nicht möglich, weil dieser Bescheid bereits am 04.04.2013 geändert worden sei; dabei sei der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 16.10.2015 auszusetzen bzw. aufzuheben, soweit die Bescheide bereits vollzogen wurden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Gegenstand des damaligen Klageverfahrens sei u.a. die Bewertung von Gebäuden und...

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