Entscheidungsstichwort (Thema)

Lose Blätter kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Lose Blätter, die der äußeren Gestalt nach weder in einer gebundenen noch jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form geführt werden, erfüllen nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG.

2) Dieser Grundsatz gilt auch (bereits) für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.10.2012; Aktenzeichen III B 78/12)

BFH (Beschluss vom 12.10.2012; Aktenzeichen III B 78/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Ansatz der Versteuerung der privaten Nutzung eines betrieblich genutzten PKW in den Streitjahren 2002 bis 2004.

Die Klägerin erzielt als Trainerin, Coach und Fachbuchautorin Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 des EinkommensteuergesetzesEStG –) und ermittelt ihren Gewinn unter der Bezeichnung „Seminare und Coaching” mittels Einnahme-ÜberschussRechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Für die Jahre 2002 bis 2004 führte der Beklagte eine steuerliche Betriebsprüfung bei der Klägerin durch (Bericht vom 26.6.2008). Der Prüfer beanstandete u. a. den unterbliebenen Ansatz der Versteuerung des Privatanteils der Nutzung des jeweils im Betriebsvermögen gehaltenen PKW (vgl. Tz. 2.3. des BP-Berichts). Die Klägerin hatte Aufzeichnungen über die durchgeführten Fahrten geführt. Diese wiesen nach Meinung des Prüfers diverse Mängel auf, für deren Einzelheiten hier auf Tz. 2.3. des BP-Berichts verwiesen wird. Außerdem könne – so der Prüfer – eine Lose-Blatt-Sammlung schon begrifflich kein Fahrtenbuch sein.

Aus den Kopien der Aufzeichnungen in der Prüfer-Handakte, Band II, Fach 21, ist ersichtlich, dass die Klägerin pro Monat ein Einzelblatt mit einer Überschrift „Fahrtenbuch/KFZ-Kosten-Abrechnung” und vorgedruckten Rubriken verwendet hat. Für die Monate des Jahres 2002 ist ebenfalls ersichtlich, dass die Blätter zusammengeheftet waren.

Gegenüber dem BP-Bericht wandte die Klägerin ein, das Fahrtenbuch sei als ordnungsgemäß anzuerkennen. Zum einen sei der Begriff des Fahrtenbuchs nicht gesetzlich geregelt. Erst in 2004/2005 habe der BFH dazu Stellung genommen. Für zurückliegende Jahre habe daher nicht die zwingende Notwendigkeit bestanden, ein Fahrtenbuch in gebundener Form zu führen. Erst ab 2005 habe sie – die Klägerin – daher ein entsprechendes Fahrtenbuch geführt. Im Übrigen weise das Fahrtenbuch nur geringfügige Mängel auf, die nach der neueren Rechtsprechung nicht dazu führten, das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß geführt zu verwerfen. Für nähere Einzelheiten dazu wird auf das Schreiben der Klägerin vom 18. Juli 2008 nebst Anlagen verwiesen.

Der Beklagte erließ am 5.8.2008 dem BP-Bericht entsprechende Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2002 bis 2004, in dem er den Gewinn der Klägerin um die der Höhe nach unstreitigen Beträge laut dem BP-Bericht Tz. 2.6 für 2002 um 3.883 EUR, für 2003 um 5.131 EUR sowie für 2004 um 5.152 EUR erhöhte.

Die Klägerin legte gegen diese Änderungsbescheide Einsprüche ein, zu deren Begründung sie hinsichtlich der hier streitigen Gewinnerhöhung auf ihr o. g. Schreiben vom 18.7.2008 Bezug nahm. Das Fahrtenbuch sei ordnungsgemäß; allenfalls seien unwesentliche Mängel enthalten.

Nachdem der Beklagte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, hat die Klägerin Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide beim FG gestellt. Mit Beschluss vom 6.7.2009 15 V 2994/08 hat der erkennende Senat diesen Antrag hinsichtlich der PKW-Besteuerung abgelehnt.

Daraufhin wies der Beklagte nach weiterer Erörterung den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 mit Einspruchsentscheidung vom 19.11.2009 als unbegründet zurück, setzte zugleich die Einkommensteuer 2002 jedoch wegen eines hier nicht mehr streitigen Punktes auf 27.204 EUR herab. Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung vom 19.11.2009 wies der Beklagte auch die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2003 und 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung machte er sich – insoweit für alle drei Streitjahre gleichlautend – die Meinung des Senats aus dem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung zu Eigen. Das von der Klägerin geführte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß, da es nicht in gebundener Form geführt worden sei. Auf etwaige sonstige Mängel komme es nicht mehr an.

Daraufhin hat die Klägerin am 18.12.2009 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen die Gewinnerhöhung durch den Ansatz des Privatanteils der PKWNutzung nach der 1%-Regelung wendet.

Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsvorverfahren und dem gerichtlichen Antragsverfahren. Sie vertieft es wie folgt: Erst das Urteil des BFH vom 9.11.2005 VI R 27/05 habe die Anforderung aufgestellt, dass ein Fahrtenbuch in gebundener Form zu führen sei, also zu einem Zeitpunkt, der nach den Streitjahren gelegen habe. Im Vorfeld dieser Entscheidung sei auch eine genau entg...

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