Entscheidungsstichwort (Thema)

Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EstG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen entnommen, bildet der Teilwert die neue Bemessungsgrundlage für den Abzug der AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; zugleich beginnt mit der Entnahme ein neuer Abschreibungszeitraum i.S.v. §§ 7 ff. EStG.

2. Das in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal der „Anschaffung” ist unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik sowie des Regelungszwecks dieser Vorschrift normspezifisch dahin auszulegen, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang von ihrem Anwendungsbereich erfasst wird.

3. Die Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebsvermögen und Überführung in das Privatvermögen ist im Wege der Analogie – ebenso wie die Gleichstellung einer Entnahme oder Einlage mit der Anschaffung i.S.d. §§ 7 ff. EStG – auch bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilen.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 5, § 21 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.05.2022; Aktenzeichen IX R 7/21)

 

Tatbestand

Streitig ist nach zwischenzeitlich erfolgter Erteilung teilstattgebender Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2010 bis 2013 (Streitjahre) nunmehr noch die Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen des Klägers für diverse Baumaßnahmen an einer 2011 aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommenen Wohnung „…”) als sofort bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu qualifizieren oder ob sie als sogenannte anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) lediglich im Wege der AfA (§ 7 Abs. 4 EStG) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Inhaber einer in Z belegenen Hofstelle, die er im Jahre 1999 nach dem Tod der Frau A im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben hatte, (u.a.) land- und forstwirtschaftliche Einkünfte aus dem … sowie – gemeinsam mit seiner mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehefrau (Klägerin) – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Beginnend im Dezember 2015 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung M (GKBp) für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers eine Außenprüfung durch, welche die Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2009 bis 2011 zum Gegenstand hatte und deren Ergebnisse in dem Bericht vom 7. September 2017 zusammengefasst sind. In diesem Bericht heißt es unter Tz. 2.3 zu der – unstreitig – im Jahr 2011 erfolgten Entnahme:

Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 wurde die Entnahme eines Teils der Wirtschaftsgebäude sowie der zum Betriebsvermögen gehörenden Wohnung () in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erklärt.

Die Entnahme betrifft die anschließend zu Wohnraum umgebauten Stallungen am Hofgelände „Q-Straße …” sowie die zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende – bis 28.02.2011 – fremdvermietete Wohnung.

Dem Entnahmewert liegt ein Gutachten … des Herrn T zu Grunde.

Von dem für Grund und Boden plus Gebäude insgesamt ermittelten Entnahmewert entfiel auf die hier noch streitige Wohnung „”) laut Gutachten ein anteiliger Gebäudewert von 49.045,21 €.

Zu den „Herstellungskosten” der Wohnung „Q-Straße … ()” führt die GKBp in ihrem Bericht unter Tz. 3.2 weiter aus:

Nach Entnahme der zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehörenden Wohnung (vom Beklagten telefonisch korrigiert in ”…”) wurde diese Wohnung in zeitlich engem Zusammenhang komplett saniert und modernisiert.

Die entstandenen Aufwendungen sind nach den geltenden Vorschriften des EStG sowie den Einkommensteuer-Richtlinien als sogenannte anschaffungsnahe Herstellungskosten zu qualifizieren.

Mit der Baumaßnahme wurde im Jahr 2011 unmittelbar nach Entnahme aus dem Betriebsvermögen begonnen.

Zunächst erfolgten im Jahr 2011 betreffend diese Wohnung die Erneuerung der Fassade (Neuverblendung der Straßenfront mit Klinker und Dämmung, Erneuerung von Dachstuhl und Dacheindeckung teilweise sowie im 2. Halbjahr teilweise Erneuerung der Fenster).

Nachdem der Sohn des Steuerpflichtigen ab Juli 2011 umgezogen war in die Wohnung, wurde diese Wohnung () zunächst durch den Steuerpflichtigen bis Ende Februar 2012 selbst genutzt.

Die auf den Umbau / Modernisierung der Wohnung entfallenden Baukosten sind insgesamt steuerlich als (anschaffungsnahe) Herstellungskosten zu behandeln (vgl. hierzu die ausführliche Begründung unter Tz. 1.1.2.2 des Prüfberichts im Rahmen der Allgemeinen Angaben).

Die Herstellungskosten sind nach den steuerlichen Vorschriften des § 7 Abs. 4 EStG linear abzuschreiben.

Für 2011 sind die Einkünfte aus der Vermietung bis zur Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betrieb bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu ermitteln.

Für die Zeit ab Entnahme aus dem Betriebsvermögen bis zum 30.06.2011...

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