Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das häusliche Arbeitszimmer stellt dann den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, wenn der Steuerpflichtige insoweit dauerhaft, nachhaltig und kontinuierlich, also deutlich mehr als 50% seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, das häusliche Arbeitszimmer nutzt und bei Betätigungen, die außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers vorgenommen werden, der Schwerpunkt der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt.

2) Der Schwerpunkt der Betätigung ist durch Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse festzustellen. Maßgebend ist, ob das qualitativ für eine steuerbare Tätigkeit wesensmäßige, d. h. das die Tätigkeit nach allgemeiner Verkehrsauffassung prägende, Handeln im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird.

3) Das häusliche Arbeitszimmer eines Diakons stellt nicht den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit dar.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5, 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.07.2003; Aktenzeichen VI R 20/02)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit der Kläger die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang, d.h. mit einem Betrag i.H.v. 3.371 DM bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug bringen kann, oder lediglich in Höhe des begrenzten Betrages von 2.400 DM.

Der Kläger ist als Diakon nichtselbständig tätig. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er als Werbungskosten u.a. Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. insoweit der Höhe nach unstreitigen 3.371 DM als Werbungskosten geltend.

Im Rahmen der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte der Beklagte jedoch lediglich Aufwendungen i.H.v. 2.400 DM, da seiner Auffassung nach das Arbeitszimmer nicht als Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers anzusehen sei.

Gegen diesen ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom 02.06.2000 legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid aus anderweitigen Gründen mit Änderungsbescheid vom 04.07.2000 geändert. Der geänderte Bescheid wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2000 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dabei stellte der Beklagte darauf ab, dass im Streitfall das häusliche Arbeitszimmer ausgehend vom allgemeinen Berufsbild des Seelsorgers und auch unter Berücksichtigung der Darstellung des Klägers im Hinblick auf den Umfang seiner Bürotätigkeit nicht als Mittelpunkt aller im beruflichen Bereich ausgeübten Tätigkeiten des Klägers angesehen werden könne. Insbesondere führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung aus, dass der Kläger als katholischer Diakon einen Großteil seiner beruflichen Aufgaben in der Kirche ausübe, in der er Gottesdienste/Messen, sowie Taufen, Trauungen, Kommunionen und ähnliche religiöse Veranstalungen durchführe. Desweiteren gehöre zum Aufgabenbereich des Diakons auch die Seelsorge für seine Gemeindeglieder, die in vielen Fällen außerhalb des Arbeitszimmers durch Besuche insbesondere auch bei kranken Gemeindegliedern, zu Hause oder im Krankenhaus sowie im Seniorenheim, stattfinde. Auch der Umstand, dass der Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung Fahrtkosten für insgesamt 7.207 dienstlich gefahrene Kilometer geltend mache, lasse auf eine nicht unerhebliche Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers schließen. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Vorbereitungsarbeiten für die Durchführung seiner seelsorgerischen Tätigkeiten sei festzustellen, dass das häusliche Arbeitszimmer nicht den für den unbegrenzten Abzug der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen erforderlichen Schwerpunkt aller im beruflichen Bereich ausgeübten Tätigkeiten bilde, da die berufliche Tätigkeit zumindest zu einem ganz erheblichen Teil auch außerhalb des Arbeitszimmers, nämlich in der Kirche und durch Betreuung der Gemeindeglieder im Außendienst ausgeübt werde. Dabei sei unerheblich, dass die Außendiensttätigkeit an verschiedenen Besuchsorten stattfinden würde. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang allein, dass ein maßgeblicher Teil der gesamten beruflichen Tätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers geleistet werde. Aus diesem Grunde sei im Streitfall lediglich ein Werbungskostenabzug hinsichtlich der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer i.H.v. 2.400 DM gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG gerechtfertigt.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die in der Einspruchsentscheidung angeführten Tätigkeiten, wie Gottesdienste, Messen, Taufen, Trauungen, Kommunionen und Besuche von Gemeindegliedern und ähnlichem erst aufgrund umfangreicher Vorbereitungsarbeiten, die im häuslichen Arbeitszimmer vorgenommen würden, möglich seien, oder mit solchen abschließend verbunden se...

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