Entscheidungsstichwort (Thema)

Ertragsanteil: steuerfreier Anteil einer Witwenrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Veränderungen des Jahresbetrags einer Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen führen stets zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente.

2) Derartige Veränderungen stellen keine regelmäßigen Anpassungen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a aa) Satz 7 EStG dar.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen X R 53/13)

BFH (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen X R 53/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des steuerfreien Anteils einer Witwerrente.

Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2008 u.a. eine Witwerrente, deren Höhe variabel ist, weil sie jährlich unter Berücksichtigung des aktuellen anderen Erwerbs- und/oder Erwerbsersatzeinkommens neu berechnet wird. Der Kläger bezieht die Witwerrente seit 01.01.2007. Nach den Angaben in der Einkommensteuererklärung 2008 hatte seine verstorbene Ehefrau eine der Witwerrente vorhergehende Altersrente vom 01.03.1997 bis 31.12.2006 bezogen.

Für das Jahr 2007 hatte der Kläger eine Witwerrente in Höhe von 8.589 EUR erklärt, wovon 50 % d.h. 4.295 EUR als steuerpflichtiger Teil der Besteuerung zugrunde gelegt wurden.

Für das Jahr 2008 erklärte der Kläger eine Witwerrente in Höhe von 6.406 EUR. Der Beklagte ermittelte den steuerpflichtigen Teil mit 50 %, d.h. 3.203 EUR und legte diesen Betrag der Besteuerung im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 29.06.2009 zugrunde.

Hiergegen legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein und begründete diesen damit, dass seiner Ansicht nach bei der Besteuerung der Witwerrente wie 2007 ein steuerfreier Teil in Höhe von 4.295 EUR zu berücksichtigen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.07.2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass Renten, die bereits vor dem Jahr 2006 bezogen worden seien, gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Einkommensteuergesetzes mit 50 % der Besteuerung zu unterwerfen seien. Gemäß § 22 S. 4 EStG sei der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gelte gemäß § 22 S. 5 EStG ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folge und zwar grundsätzlich für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs. Abweichend hiervon sei der steuerfreie Teil der Rente bei einer Veränderung des Jahresbetrags der Rente – z.B. wie hier aufgrund von Einkommensanrechnungen bei Witwenrenten oder durch den Wechsel von Teil- zu Vollrenten – in dem Verhältnis anzupassen, in dem der veränderte Jahresbetrag der Rente zum Jahresbetrag der Rente stehe, der der Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente zugrunde liege (§ 22 S. 6 EStG). Nur regelmäßige Anpassungen des Jahresbetrags der Rente – wie dies etwa bei den jährlichen Rentenerhöhungen der Fall sei – führten nicht zu einer Neuberechnung (§ 22 S. 7 EStG). Da der Kläger eine Witwerrente beziehe, die im Unterschied zur üblichen jährlichen Rentenerhöhung aufgrund der jeweils anzurechnenden anderen Einkünfte des Klägers variiere, sei § 22 S. 6 EStG für die Ermittlung des steuerfreien Teils der Witwerrente 2008 anzuwenden. Dabei werde der veränderte Jahresbetrag dividiert durch den ursprünglichen Jahresbetrag und dieses Ergebnis dann multipliziert mit dem bisherigen Freibetrag. Hieraus ergebe sich folgende Berechnung:

6.406/8.589 × 4.295 = 3.203 EUR

Somit sei zu Recht hinsichtlich der Witwerrente ein steuerfreier Teil in Höhe von 3.203 EUR berücksichtigt worden.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Einspruchsbegehren weiter.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der steuerfreie Teil der Rente ein fester Betrag sei, der den Steuerpflichtigen lebenslang begleite. Demgegenüber gehe der Beklagte davon aus, dass es sich lediglich um einen festen Prozentsatz handele. Auch sei § 22 S. 7 EStG anzuwenden, da die Witwerrente einmal jährlich und damit regelmäßig zum 1.7. eines Jahres aufgrund der Anrechnung des übrigen Einkommens angepasst werde.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 29.06.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.07.2010 dahingehend zu ändern, dass die Witwerrente nur in Höhe von 2.111 EUR der Besteuerung zugrunde gelegt wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat zu Recht die Rentenbezüge des Klägers aus der Rentenversicherung mit dem der Besteuerung unterliegenden Anteil nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchstabe a) aa) Satz 3 EStG zu 50 % der Besteuerung unterworfen.

Der Beklagte hat im angefochtenen Bescheid den steuerpflichtigen Teil der Rente des Klägers aus der Rentenversicherung mit 50 % der bezogenen Rent...

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