Entscheidungsstichwort (Thema)

Wissenschafts- und Forschungseinrichtung als Zweckbetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für die Frage, ob sich der Träger der Wissenschafts- und Forschungseinrichtung überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert, ist nicht auf einen Dreijahreszeitraum abzustellen, sondern ausschließlich auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum.

2) Überwiegende Finanzierung bedeutet, dass die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer zu mehr als 50 v.H. aus Quellen stammen müssen, die nicht Gegenleistung für Leistungen der Wissenschafts- und Forschungseinrichtung sein dürfen.

3) Soweit die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO im Einzelfall gegeben sind, wird hinsichtlich der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit Ausnahme der Tätigkeiten nach § 68 Nr. 9 S. 3 AO ein Zweckbetrieb fingiert. Sind die Voraussetzungen dagegen im Einzelfall nicht gegeben, ist ohne eine weitere Abwägungsentscheidung davon auszugehen, dass die Körperschaft in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.

 

Normenkette

AO §§ 53, 55 Abs. 1, § 68 Nr. 9; GewStG § 3 Nr. 6; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 52 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen I R 76/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des KörperschaftsteuergesetzesKStG – und § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – steuerbefreite gemeinnützige Körperschaft ist, insbesondere ob die vom Kläger im Streitzeitraum vereinnahmten Entgelte im Rahmen eines Zweckbetriebs im Sinne des § 68 Nr. 9 der AbgabenordnungAO – erwirtschaftet wurden.

Der Kläger ist ein 0000 gegründeter Verein, der seit 0000 seinen Sitz in L. hat und seit Ende 0000 seinen jetzigen Namen führt. Ausweislich der Vereinssatzung i. d. F. vom 00.00.0000 ist der Vereinszweck die… und … und …. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung Bezug genommen.

Der Kläger ist in der Vergangenheit als gemeinnützige Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG anerkannt worden. Freistellungsbescheide für die Jahre 1991 bis 1996 wurden erteilt. Auch für die Streitjahre 1997 bis 1999 erteilte der Beklagte auf Antrag des Klägers, dem eine Kurzdarstellung von 33 verschiedenen in den Streitjahren durchgeführten Projekten beigefügt war (Körperschaftsteuerakte 1997), zunächst einen Freistellungsbescheid. Der Freistellungsbescheid vom 00.00.0000 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In den Jahren 2002 und 2003 fand beim Kläger eine Außenprüfung des Beklagten statt. Im Rahmen der Prüfung stellte der Beklagte fest, dass der Kläger öffentliche und private Organisationen insbesondere auf den Gebieten der …, des … sowie der … beraten hat. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Klägers entwickelten dabei Ideen zu bestimmten Forschungsvorhaben. Danach wurden Träger gesucht, die diese Vorhaben fördern sollten. Außerdem erhielt der Kläger konkrete Forschungsaufträge und nahm in geringerem Umfang auch an Ausschreibungen für Forschungsprojekte teil (vgl. z. B. Einspruchsbegründung vom 00.00.0000).

Die Aufträge an den Kläger in den Streitjahren erfolgten in unterschiedlichen Formen, teils als so genannte Werkverträge – WV – (Beispiele: C., Blatt 21 ff. d. A.; N., Blatt 172 ff. Prüferhandakten – BpHA –; X. –, Kooperationsvertrag unter Tz 2.1, Blatt 440 ff. BpHA; I. Blatt 359 ff. BpHA) oder nicht näher bezeichnete Verträge (W.1., Blatt 38 ff. d. A.). Teilweise wurden Zuwendungsbescheide – ZB – erlassen (W.2., Blatt 181 ff. BpHA), teilweise Förderanträge genehmigt bzw. Mittel bewilligt (E. Blatt 198 ff. BpHA).

Die Forschungsprojekte erstreckten sich meistens über mehrere Jahre und wurden je nach Vereinbarung mit dem konkreten Auftraggeber mit unterschiedlichen Ergebnissen abgeschlossen. Insbesondere kam es zu Abschlussberichten (mit und ohne konkrete Beratung des Auftraggebers), zur Veröffentlichung in Buchform (Verkauf durch Auftraggeber oder Kläger), zur Durchführung von Ausstellungen und/oder zur Vorbereitung und Durchführung von Bildungsveranstaltungen.

Die wesentlichen Verträge / Zuwendungsbescheide etc. in den Streitjahren mit einem finanziellen Volumen von jeweils über … DM sind Folgende:

Lfd. Nr.

Zahlstelle

finanzielles Volumen

Laufzeit

Blatt d. A.

Art

1/1997

N.

… DM

1995 bis 1997

172 ff. BpHA

WV

2/1997

E.

… DM

1996

(tw.1996 gebucht)

421 BpHA

3/1997

E.

… DM

1995 bis 1997

198 BpHA

ZB

11/1997

… DM

1997 bis 1998

170 BpHA

WV

14/1997

E.

… DM

1997 bis 1998

208 BpHA

ZB

15/1997

… DM

1997 bis 1998

17/1997

… DM

1996 bis 1998

77 BpHA

WV

8/1998

X.

… DM

1998 bis 2001

440 Bp,119 d.A.

WV

16/1999

… DM

1999

92,115,BpHA

WV

18/1999

… DM

1999

38-45

WV?

19/1999

… DM

1999 bis 2000

BpBericht

WV

Neben den aufgeführten Geschäftspartnern des Klägers fällt insbesondere die I. mit einer Reihe von Projekten mit einem Gesamtvolumen von ca. … DM ins Gewicht (lfd. Nrn. 19-23/1997 und 16/1998). Den entsprechenden Zahlungen liegen nach Lage der Akten teilweise Absprachen über Zuschüsse, teilweise Werkverträge zu Grunde (Blatt 49 ff., 52, 5...

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