Tatbestand
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 20. Februar 1996 für den Kläger Klage erhoben. Eine schriftliche Prozeßvollmacht hat er nicht beigefügt. Durch Verfügung des Berichterstatters vom 06.05.1996, zugestellt am 07.05.1996, ist der Prozeßvertreter gemäß §§ 62 Abs. 3 Satz 3, 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO aufgefordert worden, „die schriftliche Original-Vollmacht” innerhalb eines Monats nach Zustellung der Verfügung einzureichen und innerhalb derselben Frist den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Der Prozeßvertreter ist zugleich darauf hingewiesen worden, daß im Falle einer Versäumung dieser Frist die Klage als unzulässig abgewiesen werde, sofern nicht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht komme.
Am 07.06.1996 (13:20 h) hat der Prozeßvertreter mit Telefax die Klagebegründung übermittelt. Um 14:06 h ist bei Gericht eine Prozeßvollmacht, die von einer dritten Person („…”, Name unleserlich) mit dem Zusatz „i.A. von …” unterzeichnet ist, ebenfalls per Telefax eingegangen. Als Absender ist neben den Angaben zum Sendezeitpunkt ausgewiesen: „…”.
Am 19.06.1996 hat der Berichterstatter gemäß § 79 a Abs. 2 FGO durch Gerichtsbescheid die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Prozeßvertreter habe seine Bevollmächtigung nicht innerhalb der Ausschlußfrist – wie erforderlich – durch Vorlage der Originalurkunde nachgewiesen. Die Vorlage der Vollmachtsurkunde mittels Telefax reiche nicht aus („vgl. BFH-Urteil vom 28.11.1995 VII R 63/95, BFHE nn”). Der Gerichtsbescheid ist dem Bevollmächtigten am 26.06.1996 zugestellt worden.
Am 10.07.1996 hat der Bevollmächtigte eine von dem Kläger unterzeichnete Prozeßvollmacht im Original vorgelegt und vorgetragen, nach seiner Kenntnis habe der BFH mit Urteil vom 14.03.1996 IV R 44/95 (BB 1996, 1263) im Anschluß an die Entscheidung des VII. Senats (BStBl 1996 II, 105) entschieden, daß eine Prozeßvollmacht dem Gericht im Original vorgelegt werden müsse. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Rechtslage unklar gewesen. Im Hinblick darauf werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Im übrigen habe der BFH mit Urteil vom 25.01.1996 V R 31/95 (BStBl II 1996, 299) klargestellt, daß die Bevollmächtigung im Sinne des § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO auch durch ein an das Finanzgericht gerichtetes Telegramm, durch das der Kläger dem für ihn auftretenden Prozeßbevollmächtigten wirksam Prozeßvollmacht erteile, nachgewiesen werden könne. Am 07.06.1996 habe nicht der Prozeßvertreter die von einer dritten Person unterzeichnete Prozeßvollmacht per Telefax übermittelt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.09.1996 ist für den Kläger niemand erschienen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, die Übermittlung einer von einer dritten Person im Auftrag des Vollmachtgebers unterzeichneten Vollmachtsurkunde mit Telefax genüge nicht den Voraussetzungen des § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, da das BFH-Urteil vom 28.11.1995 VII R 63/95 im März 1996 im BStBl II veröffentlicht worden sei. Die Kenntnis der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Frage müsse bei einem Steuerberater vorausgesetzt werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Der Prozeßbevollmächtigte hat seine Vollmacht nicht innerhalb der ihm gesetzten Ausschlußfrist durch Vorlage des Originals der ihm erteilten Vollmacht nachgewiesen.
Gemäß § 62 Abs. 3 FGO ist die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen (Satz 1). Nach Satz 3 dieser Vorschrift kann die Vollmacht nachgereicht werden; hierfür kann eine Frist mit ausschließender Wirkung gesetzt werden. Der Nachweis der Bevollmächtigung kann danach nur durch die Vorlage der schriftlichen Vollmacht im Original geführt werden; es reicht nicht aus, daß der Prozeßbevollmächtigte dem Gericht die ihm erteilte schriftliche Vollmacht durch Telefax übermittelt (BFH-Urteil BStBl II 1996, 105).
Anders als in Fällen von Rechtsmitteleinlegung oder Übermittlung bestimmender Schriftsätze, in denen es um das Erfordernis der Schriftlichkeit geht, handelt es sich im Streitfall um den nach § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO vorgeschriebenen Nachweis, daß die als Bevollmächtigter auftretende Person tatsächlich von dem Kläger bevollmächtigt worden ist. Dieser Nachweis kann, wie der BFH in Anlehnung an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1994 I ZR 106/92 (BGHZ 1, 26, 266–269) ausgeführt hat, wenn er wie hier durch schriftliche Vollmacht zu erbringen ist, nur durch Vorlage der Urkunde selbst geführt werden. Denn insoweit geht es nicht um die (rechtzeitige) Einreichung eines Schriftsatzes unter Wahrung der Schriftform mittels moderner Übertragungsmittel, sondern um den Nachweis eines tatsächlichen Geschehens mittels Schriftstücken, die ihrer Funktion, Beweis zu erbringen, auch gerecht werden können. Schriftstücke, die lediglich die Kopie einer Urkunde über ein solches Geschehen – hier der Bevollmächtigung – enthalten (Fotokopien, Telefax) genügen dem ni...