rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Entlassungsentschädigungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG für in mehreren Veranlagungszeiträumen gezahlte Entlassungsentschädigung ist zu gewähren, wenn durch die Zahlungen mehrere selbständige Entschädigungen erfüllt werden. Beruhen die Zahlungen auf einem einheitlichen Rechtsgrund, sind die Zahlungen einheitlich zu beurteilen.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 2, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.04.2005; Aktenzeichen XI R 11/04)

BFH (Urteil vom 14.04.2005; Aktenzeichen XI R 11/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine dem Kläger im Streitjahr 1994 gewährte Abfindung ermäßigt zu besteuern ist.

Am 7. Mai 1993 hatte der Arbeitgeber des Klägers, die A-GmbH (GmbH) mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Ausgleich bzw. Milderung wirtschaftlicher Nachteile von Arbeitnehmern abgeschlossen, die von Rationalisierungsmaßnahmen betroffen waren. Nach Buchst. F. dieser Vereinbarung war die GmbH verpflichtet, an die Arbeitnehmer im Falle des Ausscheidens

  • „zur Milderung bzw. zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden sind, eine Abfindung und
  • im Falle einer … anschließenden Arbeitslosigkeit einen Zuschuss zum Arbeitslosengeld zu gewähren.”

Im einzelnen enthielt die dann folgende Tz. 1. „Abfindungen” folgende Regelungen:

  1. „Der Mitarbeiter erhält bei seinem Ausscheiden als Abfindung: … (Einmalbetrag)
  2. Der Mitarbeiter erhält für die Zeit, für die Arbeitslosengeld bezogen wird, eine weitere Abfindung in monatlichen Raten, mit der das Arbeitslosengeld auf 85 % (eines fiktiven Nettogehalts gemäß Buchst. D. der Vereinbarung) aufgestockt wird. …
  3. Die Abfindungsbeträge gemäß a) und b) dürfen zusammen 18 Bruttomonatseinkommen nicht übersteigen.”

Die an die Arbeitnehmer danach gewährten Leistungen galten nach Tz. 7. der Vereinbarung als Abfindungen. Sie sollten steuerfrei ausgezahlt werden, solange dies gesetzlich möglich war. Steuern, die nach Überschreiten des Freibetrags anfielen, sollten zu Lasten des jeweiligen Mitarbeiters gehen.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete betriebsbedingt zum 31. Dezember 1993. Auf Grund der Betriebsvereinbarung wurden im Dezember 1993 an den Kläger 24.000 DM (steuerfrei) gezahlt. Im Januar des Streitjahrs 1994 erhielt er eine Einmalzahlung in Höhe von 69.545 DM und außerdem – wie in der Betriebsvereinbarung vorgesehen – in den folgenden 18 Monaten, also von Februar 1994 bis einschließlich Juli 1995 jeweils 1.258,50 DM. Der von der GmbH im Streitjahr insgesamt an den Kläger gezahlte Betrag belief sich auf 83.388,50 DM. Auf der Lohnsteuerkarte war dieser Betrag nicht als ermäßigt besteuerte Entschädigung, sondern als gewöhnlicher Arbeitslohn ausgewiesen. Die GmbH behielt die volle darauf entfallende Lohnsteuer in Höhe von 10.348 DM ordnungsgemäß ein. Nach einer Bescheinigung der GmbH vom 13. Januar 1996 sind die an den Kläger gezahlten Abfindungsleistungen voll steuerpflichtig, da sie sich auf den Zeitraum von Januar 1994 bis einschließlich Juli 1995 erstrecken. Außerdem erhielt der Kläger im Streitjahr insgesamt 29.359 DM Arbeitslosengeld.

Die Veranlagung der Kläger erfolgte mit Einkommensteuerbescheid vom 7. Februar 1996 erklärungsgemäß. Mit ihrem Einspruch machten die Kläger geltend, der von der GmbH an den Kläger gezahlte Betrag von 83.388,50 DM sei als Abfindung nur ermäßigt zu besteuern. Die Rechtsprechung habe bei Verteilung der Entschädigung auf zwei Veranlagungszeiträume die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes Ausnahmefällen bejaht. Ein solcher Ausnahmefall liege beispielsweise vor, wenn der Arbeitgeber die arbeitsrechtlich sofort fällige Abfindung wegen deren ungewöhnlicher Höhe auf zwei Veranlagungszeiträume verteile. Dies sei bei Leistungen auf Grund eines Sozialplans immer zu bejahen, weil ein solcher Plan die sofortige Fälligkeit der Abfindung in einer Summe und damit die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vermeiden solle. Wäre die Abfindung vollständig in 1994 gezahlt worden, wären die Einkünfte des Klägers zwar um 8.810 DM höher gewesen. Dies hätte jedoch bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zu einer Minderbelastung von rund 14.000 DM geführt. In immerhin 75 % der Fälle seien die Abfindungen mit dem ermäßigten Steuersatz versteuert worden, nur weil die Leistungen vollständig in 1994 erbracht worden seien. Dies stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar.

Im Übrigen habe Abfindung nicht nur als Entschädigung für künftig entgehende Einnahmen gedient, sondern auch als Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstands. Dieser Teil der Abfindung, der notfalls im Schätzungswege ermittelt werden müsse, sei nicht für das Zuflussjahr, sondern für die vergangenen Jahre der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Demgemäß sei insoweit zumindest eine Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre gemäß § 34 Abs. 3 EStG geboten.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte aus, ...

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