Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2000; Aktenzeichen V R 16/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Umbuchungsgebühren, die die Klägerin als Betreiberin einer Fluggesellschaft im Streitjahr vereinnahmt hat.

Die Klägerin bietet im Rahmen ihres Tarifkonzeptes Inlandsflüge in vier verschiedenen Preisstufen an. Im teuersten Tarif –der sog. C-Klasse– kann der Kunde jederzeit den Flugtermin ohne Aufgeld verlegen, im billigsten Tarif –dem Super-Spar-Tarif– ist eine Umbuchung nicht erlaubt. Innerhalb der beiden mittleren Preisklassen (Economy- bzw. Economy-Spar-Tarif) sind Umbuchungen nach den allgemeinen Tarifbedingungen der Klägerin –auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird– gestattet gegen eine besondere Gebühr von 100,– DM (vgl. Bl. 13 ff der gesonderten Heftlasche).

Während die Klägerin die Einnahmen hieraus als nicht steuerbaren Schadenersatz behandelte, gelangte der Beklagte im Anschluß an eine Außenprüfung zu der Auffassung, es liege insoweit zusätzliches Entgelt für die Beförderungsleistung vor. Auf dieser Grundlage berichtigte der Beklagte den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid Dezember 1996 gemäß § 164 Abs. 2 AO.

Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte hielt auch in seiner Einspruchsentscheidung daran fest, daß die Umbuchungsgebühr für Inlandsflüge Teil des umsatzsteuerpflichtigen Entgelts sei und damit der Umsatzsteuer unterliege. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom ….1997 Bezug genommen.

Die Klägerin hat hiergegen fristgerecht Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid erlassen und hierin Umbuchungsgebühren von insgesamt netto …,– DM (deren Höhe unstreitig ist) in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Die Klägerin hat diesen Bescheid fristgerecht gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Ihre Klage begründet sie im wesentlichen wie folgt:

Die Umbuchungsgebühr sei der Sache nach eine Vertragsstrafe, die wie echter Schadenersatz nicht umsatzsteuerbar sei. Der zunächst gebuchte und der tatsächlich benutzte Flug bildeten zivilrechtlich kein einheitliches Rechtsgeschäft. Eine Flugreise sei ein absolutes Fixgeschäft; die Leistung des Schuldners könne nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden. Demgemäß begründe die Nichteinhaltung der Leistungszeit Unmöglichkeit. Die Vereinbarung, eine Beförderung zu einem anderen Zeitpunkt zu erbringen, beinhalte den Abschluß eines selbständigen neuen Vertrages. Es liege damit genau die gleiche Situation vor wie bei einer Stornogebühr, die gemäß Tz. 19 ihrer Tarifbedingungen bei Abbestellung eines Fluges im Economy-Tarif ebenfalls 100,– DM betrage. Diese Stornogebühr sei auch nach Ansicht des Beklagten nicht steuerbar. Es mache für sie keinen Unterschied, ob eine Buchung storniert oder umgebucht werde.

Sie erhebe die Umbuchungsgebühr ebenso wie die Stornogebühr als ‚Schadenersatz’ i.S.d. § 324 BGB. Grundsätzlich sehe das Zivilrecht bei einer durch den Gläubiger verschuldeten Unmöglichkeit zwar gemäß § 324 BGB den Fortbestand des Vergütungsanspruches vor, wobei sich der Schuldner ersparte Aufwendungen anrechnen lassen müsse. Diese Rechtsfolge sei im Streitfall zur Vermeidung von Nachweisschwierigkeiten indessen abbedungen worden; an seine Stelle sei aufgrund Parteivereinbarung ein Schadenersatzanspruch nach § 281 BGB getreten. Daß man diesen als Umbuchungsgebühr bezeichnet habe, beruhe ausschließlich auf psychologischen Gründen. Dem aus Sicht des Kunden selbstverständlichen Recht zu Umbuchungen durch eine Abgabe mit der Bezeichnung Schadenersatz entgegenzutreten, würde beim Fluggast die psychologische Barriere auslösen, daß er zu einer zwangsweisen Zahlung verpflichtet sei. Dies habe man durch die Wortwahl vermeiden wollen.

Die zivilrechtliche Betrachtung, wie sie sich hiernach darstelle, decke sich mit der im Umsatzsteuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Gerade unter wirtschaftlichen Erwägungen stehe und falle für den Fluggast das gesamte Rechtsgeschäft mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines bestimmten Fluges zu einer bestimmten Abfahrt- und Ankunftszeit.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs könne das Geltendmachen eines Anspruches, der das Erlöschen eines anderen Anspruches zur Folge habe, nur in besonders gelagerten Fälle als Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne angesehen werden, so z.B. bei Entlassung eines Vertragspartners aus einem länger andauernden Vertragsverhältnis. Ein solches Rechtsverhältnis liege im Streitfall nicht vor. Bei Stornierung von Reiseleistungen bestehe der Vorteil des Reisenden lediglich in dem Nichtleistenmüssen des ursprünglichen Entgelts. Dies sei kein verbrauchbarer Nutzen.

Die wirtschaftliche Interessenlage entspreche einer Reihe von Fallgruppen, in denen der Bundesfinanzhof zur Annahme eines echten Schadenersatzes...

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