Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Gefahrenzuschlägen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Gefahrenzuschläge eines Beschäftigten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes sind steuerpflichtig.

2) § 3b EStG findet keine Anwendung.

3) § 3b EStG ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; EStG §§ 19, 3b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.09.2011; Aktenzeichen VI R 6/09)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Gefahrenzuschläge, die er im Rahmen seiner Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit erhielt, in verfassungskonformer Auslegung des § 3 b Einkommensteuergesetz (EStG) von der Einkommensteuer zu befreien.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als … des Kampfmittelbeseitigungsdienst NRW beim Land NRW angestellt. Die Aufgabe des Klägers besteht im Auffinden, Entfernen und Beseitigen von Kampfmitteln jeder Art einschließlich Minen. Für seine Tätigkeit erhielt er im Streitjahr neben seinem Grundgehalt eine Bruttozulage von monatlich zweimal …,43 EUR. Zusätzlich erhielt der Kläger im Streitjahr eine Gefahrenzulage für die tatsächliche Räumung einer Bombe in Höhe von einmalig …,53 EUR.

Der Arbeitgeber unterwarf die Zulagen der Lohnsteuer. Die Einkommensteuerveranlagung erfolgte antragsgemäß mit Bescheid vom …2006. Den Einspruch der Kläger vom …2006, mit dem sie die Steuerbefreiung der Zuschläge begehrten, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom …2007 als unbegründet zurück. Die deshalb erhobene Klage ist bei Gericht am …2007 eingegangen.

Die Kläger sind der Ansicht, die Zulagen seien in entsprechender Anwendung des § 3 b EStG steuerfrei zu belassen. Unter Berücksichtigung des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) stelle die Besteuerung der Gefahrenzulage einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. § 3 b EStG lasse die Gehaltsteile steuerfrei, die wegen der besonderen Erschwernis von Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt würden. So heiße es in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 1 BVR 723/65 vom 15.01.1969, BStBl II 1969, 253: Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich für eine gesetzliche Differenzierung ein sachlich einleuchtende Grund nicht finden lässt und deshalb die Gesetzesbestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss.

Die Kläger sind der Ansicht, für eine Differenzierung lasse sich kein sachlicher Grund finden, so dass die Gesetzesbestimmung als willkürlich bezeichnet werden müsse. Sinn und Zweck des § 3 b EStG sei es, einen finanziellen Ausgleich für besondere Erschwernisse und Belastungen zu schaffen. Sonntags- und Feiertags- und Nacharbeit störe den biologischen und kulturellen Lebensrhythmus eines Arbeitsnehmers. Die Steuerbefreiung der gewährten Lohnzuschläge solle eine Erleichterung dafür schaffen.

Auch bei der dem Kläger gewährten Gefahrenzulage handele es sich um eine sog. Erschwerniszulage. Der Lohnzuschlag werde für das Gefahrenpotential Munition, insbesondere bei der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder, gewährt da die im Kampfmittelräumdienst Beschäftigen bei ihrer Arbeit einer konkreten Lebensgefahr ausgesetzt seien. Sie gefährdeten nicht nur ihr Leben im öffentlichen Interesse, sondern setzten sich darüber hinaus regelmäßig einer erheblichen psychischen Belastung aus. Die Arbeit im Kampfmittelräumdienst erfordere äußerste Konzentration sowie Präzision, deren Umsetzung unter dem Druck, dass es sich zugleich um eine das eigene Leben gefährdende Tätigkeit handelt, nur schwer realisierbar sei.

Wenn der Staat für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit einen finanziellen Anreiz gewähre, müsse dies in gleicher Weise für eine derart gefahrenträchtige Tätigkeit wie derjenigen des Klägers gelten. Das Gebot der Steuergerechtigkeit verlange, die dem Kläger gezahlte Erschwerniszulage in Form der Gefahrenzulage in entsprechender Anwendung des § 3 b EStG von der Besteuerung auszunehmen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom …2007 den Einkommensteuerbescheid 2005 vom …2006 zu ändern und dabei ein zu versteuerndes Einkommen von …,00 EUR zugrunde zu legen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist darauf, dass er an den Wortlaut des Einkommensteuergesetzes gebunden sei.

Auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten werde ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Die an den Kläger gezahlten Zulagen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG unterliegen der Einkommensteuer die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG u. a. Gehälter, Löhne und andere Bezüge, die für eine Beschäftigung im öffentlichen und privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn sind dabei alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Dazu gehören auch Zuschläge, die ein Arbeitgeber neben dem Grundgehalt zahlt.

2. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die Zuschläge steuerfrei zu belassen.

a) In § 3 EStG ist die Steu...

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