Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmensidentität bei Verlegung einer Verkaufsstelle

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der gewerbesteuerlichen Unternehmensidentität bei Verlegung einer Verkaufsstelle um 600 km (hier: als Fanchisenehmer).

 

Normenkette

GewStG § 10a S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2006; Aktenzeichen VIII R 30/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage der gewerbesteuerlichen Unternehmensidentität bei Verlegung der Verkaufsstelle.

Die Klägerin betreibt einen …Betrieb (gewerbliches Einzelunternehmen) in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG. Das Unternehmen ist Franchisenehmer der A-GmbH & Co. KG (jetzt A GmbH & Co. Franchise Center KG) und gehört zur B Holding GmbH (A Gruppe).

Bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs 1992/1993 betrieb die Klägerin ihren …Betrieb in X und erzielte dort einen zum 31.12.1993 durch den Beklagten festgestellten Gewerbeverlust von DM xxx. Der Verlust resultiert im großen Teil aus Rückstellungen für die Nichterfüllung des Mietvertrages in X sowie den Kosten der Sitzverlegung. Der …Betrieb in X wurde mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 1992/1993 geschlossen. Es erfolgte hierzu ein Ausverkauf des gesamten Warenbestandes und die Klägerin veräußerte bzw. verschrottete fast das gesamte Anlagevermögen. Nachfolgend eröffnete die Klägerin in dem rund 600 Kilometer entfernten Y… einen neuen …Betrieb und schloss mit der A-GmbH & Co. KG am 26.07.1993 einen neuen Franchisevertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Der Franchisegeber übernahm und übernimmt für die Klägerin u.a. den gesamten Auftritt des …Betriebes nach außen, dessen Gestaltung innen, die Warenbestückung und Preisfestlegung, die Datenverarbeitung sowie Gehalts- und Finanzbuchhaltung. Der …Betriebsleiter ist für den Einkauf der Klägerin zuständig. Hierbei kann er ausschließlich aus den bei A gelisteten Lieferanten und Produkten auswählen. Hinsichtlich der Verkaufspreise hat der …Betriebsleiter einen gewissen Spielraum, um sich an den Wettbewerb vor Ort anzupassen. Wesentliche Entscheidungen werden bei sämtlichen Franchisenehmern im sog. Entscheidungs- bzw. Führungsdreieck getroffen. Dieses besteht aus dem Franchise Center, der Partnerfirma als Kapitalgeber sowie dem …Betriebsleiter. Diese drei Entscheidungsträger vereinbaren eine Geschäftsordnung. Hieran hat sich durch die …Betriebsverlegung nichts geändert. Von den Mitarbeitern des alten …Betriebes in X hat die Klägerin bis auf den …Betriebsleiter keinen übernommen.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte den Gewerbeverlust zum 31.12.1993 in Höhe von DM xxx aufgrund fehlender Unternehmensidentität nicht mehr als vortragsfähig an und korrigierte die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994 bis 31.12.1996 entsprechend. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben erfolglos.

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin den Vortrag des Gewerbeverlustes von DM xxx.

Sie ist der Ansicht, dass für die Frage der Unternehmensidentität beim Einzelhandel spezielle Kriterien vorliegen müssten. Im wesentlichen müssten der abstrakt angesprochene Kundenkreis, die Lieferanten, die betriebliche Organisation sowie die Geschäftsführung/-leitung identisch sein. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben. Insbesondere spreche auch die Veräußerung des Anlagevermögens und der Austausch der Arbeitnehmer nicht gegen eine Unternehmensidentität, da die Regalanlagen sowieso alle 5 – 7 Jahre ausgetauscht würden. Auch die Identität der Arbeitnehmerschaft müsse abstrakt betrachtet werden, da die Arbeitnehmer in der Regel ortsansässig seien.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Bescheide vom 10.07.2000 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994, 1995 und 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht dass nach der Betriebsverlegung zwischen dem Gewerbebetrieb in X und dem in Y keine Identität mehr bestehe. Es fehle insbesondere an einem organisatorischen Zusammenhang, da der betriebliche Organismus nicht im Wesentlichen erhalten geblieben sei. Gerade bei Franchise-Konzepten sei die Identität der Betriebsstätte sowie der Arbeitnehmer und der Geschäftsleitung entscheidend, da diese neben dem schlüssigen Franchise-Konzept den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ausmachten. Denn bei den …Betrieben seien Warenangebot sowie Kunden- und Lieferantenkreis identisch. Vorliegend fehle es aber gerade an der Beibehaltung der Arbeitnehmer sowie der Lage des …Betriebes. Schließlich liege nach der Rechtsprechung des BFH mangels sachlichen Zusammenhangs dann keine Unternehmensidentität vor, wenn ein mit Verlust betriebenes Unternehmen veräußert (oder eingestellt) und ein gewinnbringendes Unternehmen erworben (oder eröffnet) wird. So sei es auch im vorliegenden Fall.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

Der Klägerin steht ein Anspru...

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