Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstücksveräußerung als Geschäftsveräußerung im Ganzen

 

Leitsatz (redaktionell)

Stellt die Vermietung eines Gebäudes die einzige unternehmerische Betätigung des Eigentümers dar, liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG nur vor, wenn das Mietverhältnis nicht vor der Übereignung des Grundstücks beendet wird, sondern auf den Erwerber des Grundstücks übergeht.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.01.2005; Aktenzeichen V R 53/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Veräußerung des Grundstückes X-Straße in Z.

Der Kläger errichtete 1987 auf dem in seinem Alleineigentum stehenden Grundstück X-Straße a eine Lagerhalle mit Büroräumen. Die insoweit angefallenen und vom Kläger abgezogenen Vorsteuern beliefen sich auf 61.737,00 DM. Nach der Fertigstellung am 01.09.1987 vermietete er das Grundstück an die Firma R-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger ist. Seit Juli 1988 wurde dort neben dem Vertrieb auch die Produktion des Fußbodenheizungssystems Marke „R” betrieben. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Betriebsgebäudes um eine zweite Lagerhalle (X-Straße b) fielen 1990 weitere Herstellungskosten mit Vorsteuern in Höhe von 49.276,00 DM an. Die erstmalige Verwendung dieser Halle erfolgte am 01.08.1990. Seit 1994 nahm der Beklagte eine Betriebsaufspaltung und umsatzsteuerlich eine Organschaft an, wovon auch der Kläger ursprünglich ausgegangen war, die er aber sodann wegen nach seiner Ansicht fehlender sachlicher Verflechtung verneint hat.

Im Jahre 1995 erwarb der Kläger das ca. 8.000 qm große Grundstück Y-Straße in Z, auf dem er einen Neubau errichten ließ, den er seit 01.02.1995 an die GmbH vermietete. Nach der Verlagerung des Betriebes der GmbH in die Y-Straße veräußerte der Kläger das etwa 3.000 qm große Grundstück X-Straße mit Notarvertrag vom 10.07.1994 unter Übergang des Besitzes am 24.03.1995 für 1,25 Mio. DM „zuzüglich ggf. zu zahlender gesetzlicher Mehrwertsteuer” an die S-GmbH. Umsatzsteuer wurde nicht in Rechnung gestellt.

Der Kläger behandelte den Umsatz als Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) als nicht steuerbar.

Die für die Jahre 1993 bis 1995 durchgeführte Betriebsprüfung führte ausweislich der Textziffer 8 des Betriebsprüfungsberichtes vom 14.01.1998 hinsichtlich der Umsatzsteuer zu folgenden Feststellungen:

„Der Umsatz [in Gestalt der Veräußerung des Betriebsgrundstückes Daimler Straße] ist steuerbar. Er ist steuerpflichtig, da gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 9 a UStG verzichtet wurde. Eine Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer liegt nicht vor. Infolge finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung der Firma R-GmbH (Organgesellschaft) in das Unternehmen des Steuerpflichtigen (Organträger) umfasst das Unternehmen neben dem Betriebsgrundstück X-Straße auch den Geschäftsbetrieb der GmbH. Die Umsätze werden seit 1994 insgesamt beim Organträger erklärt und veranlagt. Gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 UStG liegt eine Geschäftsveräußerung u. a. vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich veräußert wird. Das gesamte Unternehmen wurde nicht veräußert, da der Geschäftsbetrieb auf dem Grundstück Y-Raiffeisenstraße fortgeführt wurde. Auch stellt das Betriebsgrundstück keinen gesondert geführten Betrieb dar. Gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) liegt ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin auch als ein in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde aufgetreten ist. Nach außen hin ist das Betriebsgrundstück nicht als selbständiger Teil eines Gesamtunternehmens aufgetreten. Die Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1a UStG liegen somit nicht vor. Die Umsatzsteuer ist dem Erwerber in Rechnung zu stellen.”

Ertragsteuerlich hielt der Prüfer infolge sachlicher und personeller Verflechtung eine Betriebsaufspaltung für gegeben (Tz. 11 des Betriebsprüfungsberichtes). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen.

Auf Grund der vorgenannten Feststellungen erließ der Beklagte den nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 30.01.1998, mit dem die Umsatzsteuer um 187.500,00 DM erhöht auf 310.814,00 DM festgesetzt wurde.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch vom 02.03.1998 machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG seien hinsichtlich der Veräußerung des Grundstücks X-Straße gegeben. Er sei bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Grundstückes X-Straße gewesen. Die Firma R-GmbH habe an ihn monatlich Miete gezahlt. Giro- und Darlehenskonten sowie Buchhaltung seien absolut getrennt geführt worden. Die Vermietung des Grundstückes sei umsatzsteuerlic...

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