Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobes Verschulden des Steuerberaters i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Nichtausfüllen ausdrücklich gestellter Fragen im elektronischen Erklärungsvordruck durch den Steuerberater - vorliegend zu „Inländischen Sachverhalten i.S. des § 8b KStG” in den Zeilen 44a und 44b des Formulars für die KSt-Erklärung - stellt grobes Verschulden i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dar.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2019; Aktenzeichen XI R 9/18)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bestandskräftige Körperschaftsteuerbescheid für 2013 geändert werden kann.

Die Klägerin ist in der Rechtsform einer GmbH im Immobiliengeschäft tätig. Ihr Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

Die Klägerin war unter anderem mit 50% an der Firma M. GmbH beteiligt. Sie erhielt von der M. GmbH im Streitjahr 2013 Ausschüttungen i.H.v. 130.000 € und 38.000 €.

Der damalige steuerliche Berater der Klägerin reichte elektronisch die von ihm selbst erstellte Körperschaftsteuererklärung 2013 nebst Jahresabschluss ein (Datenübermittlung am 16.12.2014). Darin wurde ein Steuerbilanzgewinn i.H.v. 453.226 € erklärt, der dem Betrag laut GuV 1.1.2013 bis 31.12.2013 entsprach. Der zum 31.12.2012 verbleibende Verlustvortrag betrug 3.815.968 €. Nach Verrechnung mit dem Steuerbilanzgewinn sowie nicht abzugsfähigen Aufwendungen betrug der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2013 3.361.721 €.

Die in dem Vordruck der Körperschaftsteuererklärung enthaltene Zeile 44a mit der Kennziffer 182 „inländische Bezüge i.S. von § 8b Abs. 1 KStG …”) war nicht ausgefüllt. Ebenfalls nicht ausgefüllt wurde die Zeile 44b mit der Kennziffer 282 „davon ab: in Zeile 44a enthaltene inländische Bezüge, auf die § 8b Abs. 4 KStG anzuwenden ist”). Diese Zeilen sind deshalb in dem Ausdruck der elektronischen Steuererklärung nicht enthalten.

Dem Steuerberater war die Höhe der Beteiligung der Klägerin an der M. GmbH bekannt. Die Bilanz zum 31.12.2013 enthielt unter dem Gliederungspunkt „Finanzanlagen” unter anderem: Beteiligungen 66.000,00 €, davon Beteiligung an Kapitalgesellschaften 6.000,00 €, typisch stille Beteiligung 36.250,00 €, sonstige Beteiligungen, nach Rechtsform nicht zuordenbar 23.750,00 €.

Die GuV enthielt unter der Position „Erträge aus Beteiligungen, nach Rechtsform der Beteiligung nicht zuordenbar” den Betrag von 168.000,00 €.

Die Klägerin reichte am 29.12.2014 zwei Steuerbescheinigungen der M. GmbH über an sie ausgezahlte Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG über 130.000 € (ausgezahlt am 17.12.2013) bzw. 38.000 € (ausgezahlt am 30.7.2013) ein.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuererklärung, den Jahresabschluss sowie die Steuerbescheinigungen Bezug genommen. Außerdem wird auf den Papiervordruck zur Körperschaftsteuererklärung für 2013 Bezug genommen (auszugsweise wiedergegeben Bl. 29 der Gerichtsakte).

Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Körperschaftsteuerbescheid vom 27. Februar 2015 erklärungsgemäß. Die Körperschaftsteuer wurde auf null Euro festgesetzt sowie der verbleibende Verlustvortrag auf den 31.12.2013 mit 3.361.721 € festgestellt. Beide Bescheide standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Lediglich der Körperschaftsteuerbescheid wurde im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgaben für vorläufig erklärt.

Am 30. November 2015 beantragten die jetzigen Bevollmächtigten der Klägerin, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 129 AO zu ändern und den Verlust um 159.600 € höher festzustellen. Zur Begründung führten sie an, dass bei dem Erlass des Bescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sei. Die Ausschüttung aus der M. GmbH sei versehentlich als steuerpflichtig behandelt worden.

Außerdem handele es sich bei der Tatsache, dass die Klägerin zu mehr als 15 % an der M. GmbH beteiligt war, um eine neue Tatsache im Sinne des § 173 AO. Der bisherige Antrag werde demgemäß umgestellt, dass der Änderungsantrag nunmehr (auch) auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt werde.

Der Beklagte legte den Antrag als Antrag auf Änderung sowohl des Körperschaftsteuerbescheids als auch des Verlustvortragsfeststellungsbescheids aus und lehnte mit Verfügung vom 16. Februar 2016 den Änderungsantrag ab. Ein Steuerpflichtiger handele regelmäßig grob schuldhaft, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen ganz bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantworte. Dies sei im Streitfall mit dem Nichtausfüllen der Zeilen ab 44 geschehen.

Den gegen den Ablehnungsbescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 2016, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Antrag auf Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2013 und des Verlustvortragsfeststellungsbescheids zum 31.12.2013 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei zu Recht abgelehnt wo...

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