Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfungsanordnung gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger bei ungewisser gewerblicher Tätigkeit des Rechtsvorgängers

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Außenprüfung kann nicht nur bzw. erst dann auf § 193 Abs. 1 AO gestützt werden, wenn bereits feststeht, dass der Steuerpflichtige tatsächlich unternehmerisch tätig ist oder war. Ausreichend sind auch Anhaltspunkte für eine unternehmerische Tätigkeit bei einem potentiellen Steuerpflichtigen i.S.d. § 193 Abs. 1 AO.

2) Damit ist die gegenüber einer GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin einer KG erlassene Prüfungsanordnung auch dann rechtmäßig, wenn die KG zunächst nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerblich geprägte Personengesellschaft eingestuft wurde, in Folgejahren aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärte und die Feststellungen vom FA mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO „hinsichtlich der Einkunftsart” versehen wurden.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2020; Aktenzeichen IX R 16/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für 2008 Feststellungsverjährung eingetreten ist.

Die Kläger waren im Streitjahr 2008 neben der Beigeladenen Gesellschafter der C GmbH & Co KG (im Folgenden KG). Gegenstand der KG war lt. Gesellschaftsvertrag die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der Erwerb, die Vermietung und Veräußerung von Grundbesitz. Die Gesellschaft tätigte umfangreiche Anschaffungen unbebauter und bebauter Grundstücke und errichtete und sanierte u.a. verschiedene Hotelgebäude. Die Baukosten finanzierte sie überwiegend mit variabel verzinslichen Darlehen. Zur Absicherung des Risikos steigender Zinsen schloss sie Finanztermingeschäfte in Gestalt sog. Zinsswaps ab. Das Anlage- und Umlaufvermögen der KG belief sich in 2008 auf rd. … Mio. €. Zum 31.12.2009 wurden verschiedene Objekte zu Buchwerten auf beteiligungsidentische Personengesellschaften übertragen.

Die KG wurde zunächst nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerblich geprägte Personengesellschaft eingestuft. Nachdem neben der Komplementär-GmbH auch den Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden waren, stellte das Finanzamt antragsgemäß ab 2005 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fest. Die Bescheide ergingen „hinsichtlich der Einkunftsart” vorläufig nach § 165 AO „bis zur Vollziehung der Verträge zur Vermögensnutzung (Pachtverträge der Hotels) und deren Überprüfung”. Die Aufnahme entsprechender Vorläufigkeitsvermerke beruhte auf dem Betriebsprüfungsbericht für 2002 bis 2006 vom 10.11.2008. Darin heißt es, die Beurteilung, ob eine „reine Vermögensverwaltung” vorliege, sei erst nach Auswertung aller Verträge und der tatsächlichen Grundstücksnutzung möglich.

Die Feststellungserklärung für das Streitjahr 2008 reichte die KG im Mai 2010 bei dem (seinerzeit zuständigen) Finanzamt M ein. Ausgehend von der handelsrechtlich erstellten Gewinn- und Verlustrechnung –wonach bei Umsatzerlösen von rd. … Mio. € ein Jahresüberschuss von … € erwirtschaftet wurde– ermittelte die KG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. … € und Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG in Höhe von … €. Am 30.04.2012 stellte das Finanzamt die Einkünfte erklärungsgemäß fest. Der Bescheid erging gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und –wie in den Vorjahren– gemäß § 165 AO vorläufig „hinsichtlich der Feststellung der Einkunftsart”.

Ein Schreiben der KG vom 21.06.2011, mit dem sie anzeigte, dass ihr bei der Überleitung des Ergebnisses aus der Bilanz zur Einnahmen-Ausgabenrechnung Fehler unterlaufen seien, die Einkünfte um … € höher angesetzt werden müssten und die Haftungsvergütung der Beigeladenen mit … € zu berücksichtigen sei, blieb unbearbeitet. Auch auf den nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gestellten Antrag der KG vom 10.05.2012, den Bescheid nach Maßgabe ihres Schreibens vom 21.06.2011 zu ändern, erfolgte zunächst keine Reaktion.

Im August 2013 wurde die KG im Wege des Formwechsels umgewandelt in die C GmbH.

In 2014 führte der inzwischen zuständig gewordene Beklagte für die (vormalige) KG eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfung erstreckte sich lt. Prüfungsanordnung vom 22.04.2014 u.a. auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 2008. Die Prüfungsanordnung wurde auf § 193 Abs. 1 AO gestützt und an die C GmbH „als Gesamtrechtsnachfolger der C GmbH & Co KG” gerichtet. Sie blieb unangefochten.

Im Zuge der Betriebsprüfung wertete der Prüfer den Änderungsantrag der KG vom 10.05.2012 aus und nahm weitere Änderungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften vor. Auf den BP-Bericht vom 20.07.2015 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 13.01.2015 IX R 13/14, BStBl II 2015, 827 ließ der Prüfer in Anwendung der in dem Urteil aufgestellten Rechtsgrundsätze Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung von Zinsswaps, deren Abschl...

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