Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines verlorenen Räumungsprozesses

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Kosten einer gegen den Steuerpflichtigen erfolgreich erhobenen Räumungsklage stellen mangels Zwangsläufigkeit dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn sich das existentielle Wohnbedürfnis unter zumutbaren Bedingungen auch in einer anderen Wohnung befriedigen lässt.

2) Zur Frage, welche Umstände die Annahme rechtfertigen, das existentielle Wohnbedürfnis lasse sich unter zumutbaren Bedingungen nicht auch in einer anderen Wohnung befriedigen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2, 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen der Kläger im Zusammenhang mit einem verlorenen Mietprozess und der anschließenden Zwangsräumung der von den Kläger bewohnten Wohnung sowie von Aufwendungen für den Eigenanteil an verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ist Journalist, der seit 1990 bis heute keine Einkünfte aus dieser Tätigkeit erzielt; die Klägerin ist nicht selbständig tätig. Beide haben zwei Töchter, die 19.. (…) bzw. 19.. (…) geboren sind.

Nachdem der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für 1995 wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung seitens der Kläger durch Einkommensteuerbescheid vom 21.7.1997 geschätzt hatte, legten diese dagegen Einspruch ein, den sie durch Abgabe ihrer Steuererklärung begründeten. Darin machten sie u.a. außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 15.798,48 DM geltend.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger ebenfalls außergewöhnliche Belastungen in geschätzter Höhe von 15.000,00 bis 20.000,00 DM geltend.

Gegen den Einkommensteuerbescheid des Beklagten vom 21.10.1997 legten die Kläger Einspruch ein, zu dessen Begründung sie Belege einreichten, anhand derer sie die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von insgesamt 19.032,28 DM beantragten.

Die Aufwendungen setzen sich wie folgt zusammen, wobei die vom Kläger verwendeten Bezeichnungen der Aufwendungen verwendet werden:

DM

DM

Für 1995:

„Prozeßkosten”

2 × Rechtsanwalt Dr. …

5.582,10

RA …

550,00

3 Gerichtskostenrechnungen des BVerwG

384,00

SUMME:

6.616,10

6.616,10

„Räumungsfolgekosten”

Lagerkosten Fa. …

5.405,00

9 × Mietkosten für Mietwagen Fa. …

1.364,10

14 × Treibstoff

997,03

Anschaffung Haushalt

3 Belege, SUMME

1.061,30

SUMME „Räumungsfolgekosten”

8.827,43

8.827,43

Rezeptanteile

4 Belege

354,95

354,95

SUMME außergew. Belastungen 1995

15.798,48

Für 1996:

„Prozeßkosten”

12 × Pfändung …

Rechtsanwaltskosten …

Gerichtskosten Verfahren Tochter …

gegen …

RA-Kosten …

Zustellkosten …

SUMME:

13.316,31

13.316,31

„Räumungsfolgekosten”

Lagerkosten …

4.048,00

6 × Mietwagen Fa. …

1.160,00

5 × Treibstoffe

134,97

SUMME:

5.342,97

5.342,97

Rezeptanteile

Laut Beleg

19,00

Betrag wie 1994 geschätzt

354,00

SUMME:

373,00

373,00

SUMME außergew. Belastungen 1996

19.032,28

Von diesen Aufwendungen berücksichtigte der Beklagte für 1995 – neben sonstigen, hier nicht streitigen Angaben aus der Steuererklärung – in einem Teilabhilfebescheid vom 16.6.1998 an außergewöhnlichen Belastungen nur die Rezeptanteile in Höhe von 355,00 DM, die jedoch angesichts einer zumutbaren Eigenbelastung von 1.774,00 DM ohne steuerliche Auswirkung blieben. Ansonsten wies er die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 mit zwei Einspruchsentscheidungen vom 17.7.1998 hinsichtlich der hier streitigen Punkte als unbegründet zurück.

Er begründete dies im wesentlichen damit, dass es sich ausweislich der Belege um Kosten eines Zivilprozesses der Tochter handele, die die Kläger übernommen hätten, ohne hinreichend erklärt zu haben, warum sie dies getan hätten. Die Ersatzbeschaffungen von Hausratsgegenständen sei nicht durch ein unabwendbares Ereignis bedingt, da die Zwangsräumung nicht nachweisbar rechtswidrig gewesen sei.

Für 1996 begründete der Beklagte seine Entscheidung darüber hinaus damit, dass lediglich die nachgewiesenen Rezeptanteile mit 19,00 DM berücksichtigt würden, diese aber wegen der übersteigenden Höhe der zumutbaren Eigenbelastung ohne steuerliche Auswirkung blieben.

Daraufhin haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst die Anerkennung der o.g. Aufwendungen in Höhe von 15.798,48 DM für 1995 und von 19.032,28 DM für 1996 begehrten. Im Laufe des Verfahrens reduzierten die Kläger ihr Klagebegehren.

Sie begründen ihre Klage im wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen der Annahme von außergewöhnlichen Belastungen erfüllt seien, da sie diese Aufwendungen als Folge der ihnen widerfahrenen sozialen Ausbürgerung durch die … Justiz als verlängertem Arm einflußreicher staatlicher und politischer Kreise hätten aufbringen müssen. Dazu tragen die Kläger vor, das Urteil des Amtsgerichts sei nicht vom gesetzlichen Richter gefällt worden und beide … Urteile seien nicht ordnungsgemäß verkündet worden. Die Zwangsvollstreckung daraus sei daher rechtswidrig. In diesem Zusammenhang verweisen die Kläger auf eine ...

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