Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei gleichzeitiger Anfechtung eines auf 0 Euro lautenden Einkommensteuerbescheides und des Bescheides über die Feststellung des Verlustvortrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Mitanfechtung eines auf 0 Euro lautenden Einkommensteuerbescheids führt bei gleichzeitiger Anfechtung des Bescheids über die Feststellung des Verlustvortrags mit dem Ziel der Feststellung eines höheren Verlustvortrags nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts.

2) Das prozessuale Anfechtungsinteresse des nicht belastenden 0-Bescheids geht in dem Gesamtinteresse auf, welches an der Änderung der Verlustfeststellung besteht.

 

Normenkette

GKG § 52

 

Tatbestand

I. Der als Rechtsanwalt niedergelassene Erinnerungsführer hatte im Verfahren 11 K 2330/14 wegen Einkommensteuer 2012 (0-Festsetzung vom 21. 01. 2014) und wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. 12. 2012 geklagt. Streitig waren die Werbungskosten des Erinnerungsführers aus einer Tätigkeit als Rechtsreferendar. Der Erinnerungsführer machte geltend, dass Heimfahrten im Zusammenhang mit beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer und nicht nur mit der Entfernungspauschale abziehbar seien. Im Klageverfahren machte der Erinnerungsführer nachträglich weitere Werbungskosten geltend.

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens kündigte der Erinnerungsgegner den Erlass eines dem Klagebegehren entsprechenden Änderungsbescheids an. Mit Schreiben vom 07. 10. 2014 (GA. Bl. 42) wandte der Erinnerungsführer sich an den Erinnerungsgegner und erinnerte an den angekündigten Bescheiderlass. Unter dem 10. 10. 2014 erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2012 (weiterhin 0-Festsetzung) und einen geänderten Verlustfeststellungsbescheid, mit welchem der Verlust wie vom Kläger begehrt mit 6.070 € festgestellt wurde. Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen seitens der Beteiligten wurden die Kosten des Verfahrens mit Beschluss vom 23. 10. 2014 dem Erinnerungsführer zu 20 % und dem Erinnerungsgegner zu 80 % auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 7. 11. 2014 begehrte der Erinnerungsführer zunächst, die ihm zu erstattenden Kosten auf 195,40 € festzusetzen. Darin begehrte der Erinnerungsführer ausgehend vom Mindeststreitwert gemäß § 52 Abs. 4 GKG von 1.500 € auch die Berücksichtigung einer 1,0-Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1003 i.V.m. 1002 VV RVG (GA. Bl. 66). Mit geändertem Kostenfestsetzungsantrag vom 5. 11. 2014 begehrte der Erinnerungsführer, den Erstattungsbetrag auf 568,24 € zu erhöhen. Er habe seiner Berechnung unzutreffend den Mindeststreitwert von 1.500 € zugrunde gelegt. In der Sache habe eine Klagehäufung vorgelegen, da neben dem Verlustfeststellungsbescheid auch der Einkommensteuerbescheid angefochten gewesen sei. Daher sei der Streitwert mit 5.000 € zu beziffern, weil der Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte biete.

Der Erinnerungsgegner vertrat demgegenüber die Auffassung, dass der Streitwert im Falle von Verlustfeststellungen mit 10 % des streitigen Verlustvortrags festzusetzen sei, woraus sich im Streitfall ein Gegenstandswert von 940,70 € ergebe. Denn der Gesamtbetrag der Einkünfte habe im ursprünglichen Bescheid 3.337 € betragen und sei mit dem Änderungsbescheid auf ./. 6.070 € herabgesetzt worden (Differenz: 9.407 €). Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, weil es an der notwendigen Mitwirkung des Klägers bei der Erledigung des Rechtsstreits fehle. Dieser habe in seinem Schriftsatz vom 11. 09. 2014 lediglich auf die BFH-Rechtsprechung im Urteil vom 15.11.1991 – VI R 144/89 hingewiesen, was dann zur Abhilfe geführt habe.

Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. 01. 2015 wurden die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 163,20 € festgesetzt. Die Erstattung von Gebühren für das außergerichtliche Vorverfahren wurde – was mittlerweile unstreitig ist – abgelehnt, weil der Erinnerungsführer sich im Vorverfahren selbst vertreten habe (Hinweis auf Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Tz. 131). Streit besteht über die Höhe des anzusetzenden Gegenstandswert und über die Entstehung einer Erledigungsgebühr.

Der Kostenfestsetzungsbeamte hatte seiner Berechnung im angefochtenen Beschluss den Mindeststreitwert von 1.500 € zugrunde gelegt (§ 52 Abs. 4 GKG, § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Für die Anwendung des Auffangstreitwerts gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5.000 €) bestehe kein Raum, weil der Sach- und Streitstand genügend Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwerts nach § 52 Abs. 1 GKG biete. Streitig sei eine Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte um 9.407 € gewesen. Aufgrund der 0-Festsetzungen habe das Klageinteresse des Erinnerungsführers nicht in der Herabsetzung festgesetzter Einkommensteuer bestanden, vielmehr sei das Klageziel darauf gerichtet gewesen, die begehrte Minderung beim Gesamtbetrag der Einkünfte in einer entsprechend höheren Verlustfeststellung auszudrücken; insow...

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