rechtskräftig

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bestandskräftige Kirchensteuerfestsetzungen aufzuheben sind, wenn der konfessionslose Kläger in der Vergangenheit sowohl seine Lohnsteuerkarten als auch seine Steuererklärungen mit der Angabe eingereicht hat, Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche zu sein.

Der Kläger, geboren am 1960, ist zur Zeit Finanzbeamter im gehobenen Dienst.

Auf den Lohnsteuerkarten des Klägers wurde für die Jahre 1991 bis 1994 entsprechend seinen Angaben beim Einwohnermeldeamt unter der Rubrik „Kirchensteuerabzug” jeweils „lt” für eine Mitgliedschaft in der evangelisch-lutherischen –ev.-luth.– Kirche vermerkt (Einkommensteuerakte –ESt-A– Bl.). In seinen Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1994 vom Februar 1992, Mai 1993, März 1994 und Februar 1995 hat der Kläger bei der Religionszugehörigkeit jeweils „ev.” bzw. „Ev-Luth.” eingetragen (ESt-A Bl.).

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) setzte mit Bescheiden für die Jahre 1991 bis 1994 vom August 1992, Juli 1993, April 1994 und März 1995 Kirchensteuer fest (ESt-A Bl.).

Anläßlich einer kirchlichen Trauung im Freundeskreis Anfang 1996 will der Kläger in der Familie erstmals erfahren haben, daß er nicht getauft worden und damit nicht Mitglied der ev.-luth. Kirche sei.

Mit Schreiben vom Februar und März 1996 bat der Kläger den Kirchenkreis Storman, ihm zu bestätigen, daß er weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit der ev.-luth. Kirche angehört habe (ESt-A Bl. = FG-A Bl., Finanzgerichtsakte –FG-A– Bl.). Der Kirchenkreis Storman antwortete in seinem Schreiben vom Februar 1996, daß keine Bedenken gegen eine Änderung des Religionsvermerks auf der Lohnsteuerkarte von „lt” in „–” beständen, und führte dazu aus, daß in den Kirchenbüchern der Kirchengemeinden, die in seinen Zuständigkeitsbereich fielen, kein Taufeintrag des Klägers festzustellen sei. Es sei allerdings nicht ausgeschlossen, daß der Kläger in einem anderen Kirchenkreis getauft worden sei (ESt-A Bl. = FG-A Bl.; FG-A Bl.)

Am August 1996 beantragte der Kläger beim FA, die Kirchensteuer- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1994 dahingehend zu ändern, daß keine Kirchensteuer festgesetzt und diese nicht als Sonderausgabe berücksichtigt wird (ESt-A Bl.).

Aufgrund des Anhörungsersuchens des FA vom September 1996 nahm der Kirchenkreis Storman mit Schreiben vom September und November 1996 Stellung zum Antrag des Klägers: Zwar gehe der Kirchenkreis aufgrund seiner überprüften Unterlagen davon aus, daß der Kläger nicht in der ev.-luth. Kirche sei. Eine Änderung der Kirchensteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1994 komme jedoch nicht in Betracht, da der Kläger diese nicht rechtzeitig angefochten habe. Ihn treffe außerdem grobes Verschulden daran, daß die fehlende Kirchenzugehörigkeit erst nachträglich bekanntgeworden sei, wenn er die Lohnsteuerkarten und Steuererklärungen mit der eingetragenen Religionszugehörigkeit ohne positives Wissen eingereicht habe (ESt-A Bl.).

Mit dieser Begründung lehnte das FA den Antrag des Klägers vom August 1996 mit Bescheid vom November 1996 ab (ESt-A Bl.).

Den am November 1996 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom April 1997 unter Bezugnahme auf das Schreiben vom März 1997 als unbegründet zurück (ESt-A Bl.).

Der Kläger trägt zur Begründung seiner am Mai 1997 erhobenen Klage im wesentlichen folgendes vor (FG-A Bl.):

Ihn, den Kläger, treffe kein grobes Verschulden daran, daß seine Konfessionslosigkeit erst 1996 bekanntgeworden sei. Aufgrund einer Auskunft seines Vaters vor vielen Jahren sei er davon ausgegangen, daß man in Hamburg durch Geburt Mitglied der ev.-luth. Kirche werde. Somit beruhe seine Unkenntnis auf einem Irrtum seines Vaters. Es habe für ihn, den Kläger, bis 1996 keinen äußeren Anlaß gegeben, die Auskunft seines Vaters in Frage zu stellen. Die Bescheide seien wegen des Vorrangs der materiellen Richtigkeit vor der Rechtssicherheit zu ändern (FG-A Bl.).

Im übrigen sei ein grobes Verschulden unbeachtlich, wenn Tatsachen, die zu einer niedrigeren Steuer führten, in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stünden mit Tatsachen, die zu einer höheren Steuer führten. Die Kirchensteuer könne durch ihren Wegfall nicht mehr als Sonderausgabe von der Einkommensteuer abgezogen werden. Damit führe dieselbe Tatsache sowohl zu einer niedrigeren als auch zu einer höheren Steuer.

Der Kläger beantragt (FG-A Bl.),

den Beklagten zu verpflichten, die Kirchensteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1994 vom August 1992, Juli 1993, April 1994 und März 1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom April 1997 aufzuheben.

Das FA beantragt (FG-A Bl.),

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt in Ergänzung seiner Einspruchsentscheidung folgendes vor:

Den Kläger treffe grobes Verschulden, da er bei der Angabe der Religionszugehörigkeit gewissenhaft hätte prüfen müssen, ob er einer Kirche angehöre. Der Kläger habe ohne Kenntnis von einer Taufe und mangels einer Konfirmation Anlaß zur Prüfung gehabt (FG-A Bl.).

Der Berichterstatter hat zur Kirchenzugehörigkeit des Klä...

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