rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme in die Kirche durch Taufe als tatsächliches Bekenntnis

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Aufnahme in die Kirche durch die freiwillige Taufe als tatsächliches Bekenntnis kommt es nicht auf das Zivilrecht oder auf subjektive Motive an; unerheblich ist die Behauptung, die Taufe zwecks privater oder gesellschaftlicher Vorteile nur als Formalität ohne rechtliche Wirkung gesehen zu haben.

 

Normenkette

BGB § 130 Abs. 2, §§ 116-117, 119; GG Art. 4, 140; WRV Art. 137 Abs. 3; KiG § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 7; Kirchensteuergesetz Hamburg (KiStG-HH) § 1 Abs. 1; KiStG-HH § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die evangelische Kirchensteuer und macht geltend, durch ihre Taufe aus Anlass ihrer Hochzeit nicht Mitglied der evangelischen Kirche geworden zu sein.

I.

Die Klägerin gehörte ursprünglich keiner Konfession an und ist nicht konfirmiert. Ihr zukünftiger Ehemann war Mitglied der evangelischen Kirche. Als beide ihre Hochzeit und kirchliche Trauung planten, erfuhren sie, dass die Klägerin nur dann kirchlich getraut werden könne, wenn sie sich taufen lasse. Die Taufe nebst deren Notwendigkeit für die Durchführung der kirchlichen Trauung wurde mit dem zuständigen Pastor des Kirchenkreises A besprochen (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 33).

Die Klägerin ließ sich am Sonntag, den 29. September 1968 im Anschluss an den Gottesdienst in der Kirche B taufen (FG-A Bl. 6)

Die Eheleute heirateten am 3. Oktober 1968 standesamtlich; weder in der Heiratsurkunde vom 3. Oktober 1968, noch im Familienbuch vom 3. Oktober 1968 war die Klägerin als Kirchenmitglied eingetragen (Anlagen K 2 und K 3).

Die kirchliche Trauung fand am Samstag, den 5. Oktober 1968 statt.

Am 25. Mai 2004 verstarb ihr Ehemann, der Einnahmen als Gärtner erzielt hatte. Die Klägerin verkaufte die ihr seitdem allein gehörende Gärtnerei in 2005.

Am 29. Mai 2007 trat die Klägerin aus der Kirche aus (Anlage K 7).

II.

Noch in der von der verwitweten Klägerin für das Vorjahr 2004 allein abgegebenen Einkommenssteuererklärung hatte sie als Religion "evangelisch" angegeben (Einkommenssteuer-Akte --ESt-A-- Bl. 9).

In der Einkommenssteuererklärung für das Streitjahr 2005, in dem die Klägerin einen Gewinn aus der Veräußerung der Gärtnerei in Höhe von 1.5 Mio. EUR erzielt hatte, erklärte sie dagegen, nicht Mitglied der evangelischen Kirche zu sein (ESt-A Bl. 34).

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 bat der Beklagte (das Finanzamt Hamburg-1--FA--) die Klägerin um Vorlage einer Kirchenaustrittserklärung. Am 15. Dezember 2006 legte die Klägerin dem FA eine Lohnsteuerkarte aus dem Jahr 1971 vor; in dieser war keine Kirchenmitgliedschaft der Klägerin vermerkt (Rechtsbehelfs-Akte--Rb-A--Bl. 14, Anlage A 4).

Laut Mitteilung des Kirchenkreises A vom 14. Mai 2007 lag von der Klägerin bis dahin keine Austrittserklärung vor (Rb-A Bl. 8).

Zusammen mit dem Einkommenssteuerbescheid 2005 setzte das FA am 5. Januar 2007 die Kirchensteuer 2005 in Höhe von 30.503,34 EUR fest.

Am 29. Januar 2007 erhob die Klägerin Einspruch mit der Begründung, durch die Taufe im Jahr 1968 nicht Mitglied der Kirche geworden zu sein (Rb-A Bl. 1)

Das Kirchenamt schrieb dem FA am 2. August 2007, dass die Klägerin im Streitjahr 2005 unverändert der Kirche angehört habe (Rb-A Bl. 13).

Am 15. Januar 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei durch die Taufe Mitglied der Kirche geworden (Rb-A Bl. 47). Die Einspruchsentscheidung wurde mit einfacher Post am 15. Januar 2008 bekannt gegeben (Rb-A Bl. 55).

III.

Die Klägerin hat am Montag 18. Februar 2008 Klage erhoben und begründet diese wie folgt (FG-A Bl. 1=5, 29a, 32):

Sie sei gegen ihren Willen Mitglied der Kirche geworden. Gegen Art. 4 GG verstoße eine Kirchensteuerpflicht mit einer kirchlichen Mitgliedschaftsregelung, die eine Person einseitig und ohne Rücksicht auf ihren Willen der Kirchengewalt unterwerfe.

Nach der von ihr (der Klägerin) in Kopie vorgelegten Vorschrift des § 7c "Kirchengesetz" sei zum Nachweis einer Aufnahme in die Kirche eine gesiegelte Niederschrift anzufertigen und eine Bescheinigung der aufgenommenen Person auszuhändigen. Die gesiegelte Niederschrift müsse von der aufnehmenden Person, sowie der aufgenommenen Person unterzeichnet werden (Anlage K 1).

Die Mitgliedschaft und Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde sei kein einseitiges Rechtsgeschäft. Im Übrigen sei sie (die Klägerin) mit einer Aufnahme in die Kirche nicht einverstanden gewesen. Sie (die Klägerin) habe auch im Taufvorgespräch erklärt, sie wolle nicht Kirchenmitglied werden. Der Pastor habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass sie mit der kirchlichen Taufe automatisch Mitglied der evangelischen Kirche werde (Beweis: Zeugenvernehmung des Pastors).

Obwohl sie der Meinung sei, nicht Mitglied der Kirche geworden zu sein, sei sie vorsorglich am 29. Mai 2007 aus der Kirche ausgetreten (Anlage K 7)

Im Übrigen fechte sie vorsorglich die Taufe an; denn wären ihr die Folgen der Taufe bewusst gewesen, so hätte sie sich nicht taufen lassen. Zu...

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