Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Abgrenzung abziehbare/verrechenbare Verluste i. S. v. § 15a EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftung des Kommanditisten i. S. von § 171 f. HGB lebt dann (noch) nicht wieder auf, wenn bei zunächst voll eingezahlter Haft- und Pflichteinlage lediglich die Pflichteinlage, soweit sie noch nicht durch Verluste verbraucht war, an die Gesellschafter ausgeschüttet wird. Wird das Kapitalkonto dann durch weitere laufende Verluste negativ, führt dies nur zu verrechenbaren Verlusten i. S. von § 15a Abs. 1 EStG.

 

Normenkette

EStG § 15a; HGB §§ 171-172

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.05.2012; Aktenzeichen IV B 33/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die den Kommanditisten zuzurechnenden negativen gewerblichen Einkünfte im Streitjahr 2005 zu ausgleichsfähigen oder zu verrechenbaren, gem. § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesondert festzustellenden Verlusten führen.

Die Klägerin ist eine Personenhandelsgesellschaft, die am ... 2002 in das Handelsregister eingetragen wurde. Komplementärin ist die A GmbH, die am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt ist. Ihre Kommanditisten sind die Beigeladenen zu 1) bis 20). Gem. Gesellschaftsvertrag vom 30.5.2002 erbringen die beschränkt haftenden Gesellschafter ihre Einlagen je zur Hälfte als Haft- und Pflichtkapital (§ 3 des Gesellschaftsvertrages). In dem Gesellschaftsvertrag heißt es weiter:

§ 3 Gesellschafter und Kapital

4. Das Haftkapital ist das Festkapital der Gesellschafter und ist unveränderlich.

5. Nach der Höhe der Hafteinlage richten sich die Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander.

6. Die Zeichnungssummen werden fällig durch Einforderung der Komplementärin.

§ 4 Haftung, Risiken

Jeder Gesellschafter trägt anteilig das unternehmerische Risiko der Beteiligung und deren Chancen. Zusagen oder Garantien in rechtlicher Bedeutung hinsichtlich Substanz, Ertrag und steuerlicher Erwartung werden nicht gemacht bzw. übernommen.

Die Haftung der Kommanditisten ist kraft Gesetzes grundsätzlich beschränkt. Jeder Kommanditist ist zur einmaligen Zahlung seiner übernommenen Haft- und Pflichteinlage verpflichtet.

Gegen seinen Willen kann kein beschränkt haftender Gesellschafter durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zu einer zusätzlichen Haftung oder einem Nachschuss verpflichtet werden.

a) Sofern an Kommanditisten Ausschüttungen (aus Liquiditätsüberschüssen) erfolgen, die nicht einem Gewinn entsprechen, sind diese eine Rückzahlung des Pflichtkapitals.

b) Sofern die Hafteinlage eines Kommanditisten durch Verlust (Ausweis auf dem Verlustkonto) gemindert ist, sind künftige Gewinne zum Verlustausgleich zu verwenden.

c) Solange Verlustsonderkonten für die Kommanditisten bestehen, erfolgen Ausschüttungen liquider Überschüsse zur Tilgung des Pflichtkapitals; das Haftkapital bleibt unangetastet.

§ 9 Konten

Für jeden Gesellschafter werden geführt:

a) ein Festkapitalkonto

b) ein Pflichtkapitalkonto

c) ein Verlustkonto

d) ein Verrechnungskonto

Auf dem Festkapitalkonto wird nur die Hafteinlage gebucht.

Die Ausschüttung liquider Überschüsse wird über das Pflichtkapitalkonto gebucht.

Auf dem Verlustkonto werden Verluste gebucht sowie Gewinne bis zum Ausgleich des Verlustkontos.

Auf dem Verrechnungskonto werden alle Gewinne nach Ausgleich des Verlustkontos verbucht. Ferner werden alle sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten auf dem Verrechnungskonto gebucht.

In der Gesellschafterversammlung vom 26.05.2005 wurde u. a. beschlossen, bei ausreichender Liquidität für das Geschäftsjahr 2005 eine Entnahme von bis zu 780.000 US $ (15 % des Eigenkapitals) vorzunehmen, die als Herabsetzung des Pflichtkapitals durchgeführt werden sollte. Entsprechende Beschlussfassungen erfolgten auch für das Geschäftsjahr 2006 und die Jahre seit der Gründung.

Mit Bescheid für 2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Absatz 4 EStG vom 17.11.2006 stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin fest. Ferner stellte er für die Beigeladenen verrechenbare Verluste gem. § 15a EStG fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO).

Am 01.06.2007 beantragte die Klägerin, den Feststellungsbescheid gem. § 164 Abs. 2 AO zu ändern, weil ausgleichsfähige Verluste aufgrund der erweiterten Außenhaftung nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigen seien. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 04.01.2008 ab, weil die Haftung erst wieder auflebe, wenn die tatsächlich geleisteten Einlagen durch Entnahmen unter die Hafteinlage herabgemindert seien. Dies sei auf den Feststellungszeitpunkt 2005 bei keinem der Kommanditisten der Fall. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 07.02.2008, der mit Entscheidung vom 19.05.2009 zurückgewiesen wurde.

Am 19.06.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass allein durch die in 2005 getätigten Entnahmen in Höhe von 729.254,53 EUR die Haftung um diesen Betrag wieder auflebe und dementsprechend der f...

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