Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahren: Teleologische Reduktion der Regelung über die Reihenfolge der Eigenkapitalverwendung

 

Leitsatz (amtlich)

Von der Regelung des § 28 Abs. 4 KStG a.F., dass eine ursprünglich mit belastetem oder ermäßigt belastetem Eigenkapital (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG a.F.) verrechnete Ausschüttung, wenn dieses später (z. B. nach Betriebsprüfung) nicht mehr ausreicht, mit unbelastetem Eigenkapital in Gestalt der sonstigen Vermögensmehrungen (§ 30 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F., sog. EK 02) zu verrechnen bzw. von diesem ein Negativposten zu bilden ist, wird mittels teleologischer Reduktion der Fall der Ausschüttung ohne Steuerbescheinigung an einen nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner ausgenommen.

Insoweit bleibt es bei der normalen Verwendungsreihenfolge gemäß der gesetzlichen Eigenkapital-Gliederung (§ 28 Abs. 3 i.V.m. § 30 KStG a.F.); durch eine danach mögliche Verrechnung mit vorhandenem unbelasteten Eigenkapital in Gestalt von Einlagen (§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F., sog. EK 04) entfällt die nachträgliche Körperschaftsteuererhöhung (§ 27 i.V.m. § 40 KStG).

 

Normenkette

KStG a.F. (KStG 1977) §§ 27-28, 30, 40, 44

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen I R 56/05)

BFH (Beschluss vom 22.02.2006; Aktenzeichen I R 56/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Auslegung des § 28 Abs. 4 KStG 1999 (KStG a.F.).

I. Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die ... und die Beteiligung an ...gesellschaften ist.

Anteilseigner der Klägerin waren in den Streitjahren zu gleichen Teilen die ... BV, .../Niederlande (im Folgenden: BV), und die ... Holding GmbH, ... (im Folgenden: Holding).

Gemäß den unstreitigen Feststellungen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung wurde das auf den 31.12.1997 ursprünglich festgestellte EK 45 von 6.049.925 DM auf 4.915.490 DM herabgesetzt.

Da das ursprüngliche EK 45 in voller Höhe mit Gewinnausschüttungen für die Streitjahre 1996 und 1997 verrechnet worden war, verrechnete der Beklagte die nach Herabsetzung nicht mehr durch tariflich belastete vEK gedeckten Ausschüttungen mit Eigenkapital i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F. (EK 02), wodurch sich für beide Streitjahre Erhöhungen der Körperschaftsteuer ergaben.

Dem liegen im Einzelnen folgende Gewinnausschüttungen und steuerliche Festsetzungen/Feststellungen zugrunde:

1. Gewinnausschüttungen Am 7.7.1998 beschlossen die Gesellschafter eine (Vorab)Ausschüttung für 1997 in Höhe von 22.600.000 DM, die gemäß Kapitalertragsteueranmeldung und Steuerbescheinigungen in Höhe von 7.282.683 DM mit dem EK 45 und in Höhe von 15.317.317 DM mit dem EK 04 verrechnet wurde (Bl. 6 Kapitalertragsteuerakte, Bl. 66, 67 Gerichtsakte).

Am 14.12.1998 wurde eine weitere Gewinnausschüttung für 1997 in Höhe von 4.261.146,13 DM und für 1996 in Höhe von 1.538.853,87 DM beschlossen (Bl. 9 Kapitalertragsteuerakte), die gemäß Kapitalertragsteueranmeldung und Steuerbescheinigungen in Höhe von 417.222 DM mit dem EK 45 und in Höhe von 5.382.778 DM mit dem EK 04 verrechnet wurde (Bl. 7 Kapitalertragsteuerakte, Bl. 68, 69 Gerichtsakte).

Beide Ausschüttungen flossen in 1998 an die BV und an die Holding zu gleichen Teilen ab (Bl. 3 Kapitalertragsteuerakte).

2. Festsetzungen/Feststellungen a) Mit Bescheid vom 11.02.1999 wurden die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. auf den 31.12.1997 in Höhe von EK 45 6.049.925 DM EK 04 37.851.656 DM festgestellt und die Ausschüttungen vom 7.7. und 14.12.1998 nachrichtlich wie folgt verrechnet (Bl. 34f Gerichtsakte): EK 45- 6.049.925 DM EK 04-20.700.095 DM.

b) Mit Bescheiden vom 11.02.1999 für 1996 und 1997 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG a.F. wurden - wie erklärt - eine Minderung der Körperschaftsteuer für 1996 in Höhe von 89.405 DM und für 1997 in Höhe von 1.560.576 DM festgestellt (Bl. 28 Körperschaftsteuerakte Band II).

c) Mit geändertem Bescheid vom 20.06.2002 wurden die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. auf den 31.12.1997 in Höhe von EK 45 4.915.490 DM EK 02 1 DM EK 04 37.851.656 DM festgestellt und die Ausschüttungen vom 7.7. und 14.12.1998 nachrichtlich nunmehr wie folgt verrechnet (Bl. 30 Feststellungsakten): EK 45- 4.915.490 DM EK 02- 2.260.608 DM EK 04-20.700.095 DM.

d) Mit geänderten Bescheiden vom 20.06.2002 für 1996 und 1997 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG a.F. wurden für 1996 eine Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 72.640 DM und eine Erhöhung der Körperschaftsteuer in Höhe von 33.529 DM sowie für 1997 eine Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 1.267.949 DM und eine Erhöhung der Körperschaftsteuer in Höhe von 585.253 DM festgestellt (Bl. 147 ff Körperschaftsteuer-Akte).

Die rechnerisch zutreffend ermittelten, ausschüttungsbedingten Minderungen und Erhöhungen der Körperschaftsteuer wurden infolge eines beidseitigen Versehens der Beteiligten den ...

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