Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältnis des Verlustvortrages zur Einkommensteuerveranlagung des Vortragsjahres

 

Leitsatz (amtlich)

Der Verbrauch des Verlustes durch Verlustvortrag erfolgt ungeachtet einer für das Vortragsjahr erfolgten Veranlagung.

 

Normenkette

EStG § 10d; AO § 181 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.08.2006; Aktenzeichen XI R 65/05)

 

Tatbestand

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Wie für die Vorjahre hatten sie auch für das Jahr 1994 eine Einkommensteuererklärung abgegeben (Eingang am 05.07.1996, Einkommensteuerakte - EStA - III Bl. 45 ff). Mit Einkommensteuerbescheiden 1990 bis 1993 war die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt worden; der Gesamtbetrag der Einkünfte war jeweils negativ (EStA II Bl. 69, 80, 209, 251). Mit Bescheid vom 03.05.1996 war der verbleibende Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1993 auf 3.916.097 DM für den Kläger und auf 11.579 DM für die Klägerin festgestellt worden (EStA II Bl. 253). Im Jahre 2001 stellte der Beklagte fest, dass die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1994 versäumt worden und zwischenzeitlich festsetzungsverjährt war. Eine Probeveranlagung ergab einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 10.250.870 DM (EStA III Bl. 54 ff).

Unter dem 16.05.2003 erließ der Beklagte einen Bescheid, mit dem er den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1994 mit 0 DM feststellte (EStA III Bl. 72). Dabei ging er von einem Abzug für den Veranlagungszeitraum 1994 in Höhe von 3.916.097 DM zzgl. 11.573 DM aus. Den hiergegen am 11.08.2003 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit am selben Tag zur Post gegebener Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 als unbegründet zurück (Rechtsbehelfsakte -RbA - Bl. 3, 52). Er verwies auf Abschnitt 115 Abs. 5 S. 2 der Einkommensteuerrichtlinien 1994 und darauf, dass der vortragsfähige Verlust aus den Verlustentstehungsjahren bis 1993 vollen Umfangs zwar nicht abgezogen worden, aber "abziehbar" gewesen sei. Diese Formulierung des Gesetzes in § 10d Abs. 3 S. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- spreche dafür, eine fiktive Veranlagung für 1994 durchzuführen. Der BFH habe sich im Urteil vom 12.06.2002 (X R 26/01, BStBl II 2002, 681) zur Höhe und zum Verfahren der Ermittlung des festzustellenden Verlustes nicht geäußert. Das FG Hamburg gehe in dem Urteil vom 23.03.2004 (VII 62/01) für den entschiedenen Fall gerade davon aus, dass der angefallene Verlust im Entstehungsjahr oder in den nichtveranlagten Jahren nicht verbraucht sei, prüfe also den Verbrauch. Für die Richtigkeit der fiktiven Prüfung spreche auch das Urteil des FG Köln vom 23.06.1998 (14 K 4482/93, DStRE 1998, 877).

Mit Änderungsbescheiden ebenfalls vom 21.09.2004 änderte der Beklagte den Bescheid betreffend die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.1991 durch Berücksichtigung bislang nicht angesetzter Beteiligungsverluste (RbA Bl. 48f). Auf den Vermerk des Beklagten vom 27.05.2004 (RbA Bl. 21) und das Schreiben vom 09.06.2004 (RbA Bl. 23) wird verwiesen. Die Feststellungen des verbleibenden Verlustabzuges auf den 31.12.1991, 31.12.1992 und auf den 31.12.1993 wurden entsprechend angepasst (RbA Bl. 50, 51). Der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1993 betrug hiernach für den Kläger 4.396.523 DM und für die Klägerin 11.573 DM.

Am 22.10.2004 haben die Kläger Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 erhoben.

Sie tragen vor: Ausweislich der Entscheidungen des BFH vom 12.06.2002 und des FG Hamburg, Urteil vom 23.03.2004, könne eine Verlustfeststellung auch erfolgen, wenn eine Einkommensteuerveranlagung nicht durchgeführt worden sei und wegen Festsetzungsverjährung auch nicht mehr möglich sei. Eine Minderung des Verlustvortrags um die Beträge, die im Falle einer Veranlagung abziehbar gewesen wären, ergebe sich weder aus den erwähnten Urteilen noch aus Abschnitt 115 Abs. 7 der Einkommensteuerrichtlinien. § 10d Abs. 4 S. 2 EStG lasse für eine fiktive Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte keinen Raum.

Die Kläger beantragen, den Bescheid zum 31.12.1994 über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer vom 16.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 dahingehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug auf 4.408.096 DM festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung.

Dem Senat haben Band II und III der Einkommensteuerakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten und 1 Band Berechnungsunterlagen vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht und in zutreffender Höhe eine Verlustfeststellung auf den 31.12.1994 vorgenommen.

Gem. § 10d Abs. 3 S. 2 EStG in der für das Streitjahr 1994 maßgeblichen Fassung (Geltung mit Inkrafttreten des Standortsicherungsgesetzes -StandOG - vom 13.09.1993 BStBl I 1993, 774) ist verbleibender Verlustabzug der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichene Verlust, vermindert um die nach Absat...

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