Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsgeldandrohung und -festsetzung bei Nichtabgabe einer Steuererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen darf mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Dem FA steht sowohl hinsichtlich der Androhung als auch in Bezug auf die Festsetzung des Zwangsgeldes ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu. Das Zwangsmittel muss in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen.

 

Normenkette

AO §§ 149, 328

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Zwangsgeldandrohung und -festsetzung im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2004, die die Klägerin bis heute nicht abgegeben hat.

Am 6.3.2006 verlängerte der Beklagte der Klägerin zum wiederholten Male antragsgemäß die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2004 bis zum 30.4.2006. Der Beklagte wies darauf hin, dass die Frist im Hinblick auf die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Fortführung der Veranlagungsarbeiten letztmalig verlängert worden sei.

Mit Bescheid vom 16.5.2006 drohte der Beklagte mit der Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von Euro 150 für den Fall, dass die Einkommensteuererklärung 2004 nicht bis zum 6.6.2006 eingereicht sein würde. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 15. Juni 2006 Einspruch ohne diesen zu begründen.

Mit Bescheid vom 3.7.2006 setzte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von Euro 150 mit der Begründung fest, dass die Klägerin der Aufforderung vom 16.5.2006 zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2004 nicht nachgekommen sei. Gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes erhob die Klägerin mit Schreiben vom 31.7.2006 Einspruch. Sie begründete ihn damit, dass sie im Jahr 2004 einen erheblichen Verlust erwirtschaftet habe und im Übrigen hohe Verlustvorträge aus den Vorjahren habe, also die Festsetzung von Steuern nicht zu erwarten sei. Sie habe sich vorrangig darum zu kümmern, ihre Einkommenssituation dadurch zu verbessern, dass sie ihr Haus in B wieder in einen vermietbaren Zustand versetze. Durch den erheblichen Wasserschaden sei sie dort gefordert.

In seinem Schreiben vom 15.8.2006 an die Klägerin regte der Beklagte die Rücknahme des Einspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung an und führte aus, dass es auf die Höhe der sich aus einer Veranlagung ergebenden Steuer für die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung nicht ankomme.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.9.2006 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Zwangsgeldandrohung und gegen die Zwangsgeldfestsetzung als unbegründet zurück. Zur Begründung nahm er auf sein Schreiben vom 15.8.2006 Bezug.

Die Klägerin hat am 9. Oktober 2006 Klage erhoben. Sie ist der Meinung, es hätten ihr weitere Fristverlängerungen gewährt werden müssen. Zum einen sei sie unverschuldet verhindert gewesen, die Steuererklärung abzugeben. In ihrem Haus in B habe es einen Wasserrohrbruch gegeben, der zu erheblichen Schäden geführt habe. Um weitere Schäden zu verhindern und das Haus wieder beheizbar zu machen, seien umfangreiche Arbeiten mit Handwerkern erforderlich gewesen und die Anwesenheit der Klägerin vor Ort. Auch habe sie im Keller steuerrelevante Unterlagen gelagert, die zum Teil beeinträchtigt worden seien und rekonstruiert werden müssten. Zum anderen hätte bei der Entscheidung über die Gewährung von Fristverlängerungen auch berücksichtigt werden müssen, dass die Klägerin einen erheblichen Verlustvortrag aus dem Vorjahr gehabt habe, so dass sich irgendwelche Steuerfestsetzungen für das Jahr 2004 selbst dann nicht ergeben hätten, wenn sie in diesem Jahr einen Gewinn erzielt hätte. Weiterhin habe sie sich erst in ihre Steuersachen einzuarbeiten gehabt, weil sie sich mit ihrem Schwiegersohn, der früher immer ihre Steuererklärungen gefertigt hat, zerstritten habe.

Die Klägerin beantragt, die Bescheide des Beklagten vom 16.5.2006 sowie vom 3.7.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 11.9.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Steuererklärung nach der gesetzlichen Frist spätestens zum 31.5.2005 hätte eingereicht werden müssen (§ 149 Abs. 2 AO). Der Klägerin sei die Abgabefrist über den 30.9.2005 und den 28.2.2006 sogar bis zum 30.4.2006 verlängert worden. Im Hinblick darauf, dass auch in den Vorjahren die Erklärungen ganz erheblich verzögert erst nach Zwangsgeldandrohungen eingereicht worden seien und es an einer begründeten Darlegung zwingender Hinderungsgründe fehle, sei weder eine weitere Verlängerungsfrist einzuräumen gewesen noch sei die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld zu beanstanden.

Dem Gericht lagen vor die Einkommensteuerakten des Beklagten für die Klägerin Band I bis IV, Umsatzsteuerakte, Gewerbesteuerakte, ein Heftstreifen "Lohnsteuerermäßigung", ein Heftstreifen "Kontrollmitteilungen", die Rechtsbehelfsakte "Zwangsgeldfestsetzung Einkommensteuer 2004" - sämtlich zur Steuernummer .... Ergänzend wird Bezug genommen auf die bei Gericht eingereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie das Proto...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge