Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit einer Klage gegen eine Androhungsverfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zulässigkeit einer Klage gegen eine Androhungsverfügung, wenn die Festsetzungsverfügung nicht angefochten und das Zwangsgeld gezahlt ist.

Nachschieben von Gründen im finanzgerichtlichen Verfahren über eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes.

 

Normenkette

AO § 328

 

Tatbestand

Die Klägerin kam der Aufforderung des Beklagten vom 4.12.2000, bis zum 22.12.2000 die Steuererklärungen 1999 abzugeben, nicht nach. Alsdann drohte der Beklagte mit Bescheid vom 11.1.2001 die Festsetzung von Zwangsgeld für Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer in Höhe von jeweils 100 DM und für die gesonderte Feststellung von Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals in Höhe von 200 DM für den Fall an, dass die Klägerin die Steuererklärungen nicht bis zum 31.1.2001 einreichen sollte.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 9.2.2001, eingegangen am selben Tage, Einspruch ein und kündigte die Einreichung der Steuererklärungen für die nächsten Tage an. Mit Bescheid vom 15.2.2001 setzte der Beklagte das Zwangsgeld in der angedrohten Höhe fest; die am 26.2.2001 fälligen Beträge wurden durch Bankeinzug zum Fälligkeitstag vollständig gezahlt.

Am 25.4.2001 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung und wies den Einspruch der Klägerin gegen die Androhung von Zwangsgeld als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 22.5.2001, eingegangen am selben Tage, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Steuererklärungen 1999 hat sie am 7.6.2001 bei dem Beklagten eingereicht.

Die Klägerin trägt - erstmals im Klageverfahren - vor: Die Geschäftsführerin sei durch langanhaltende Krankheit nicht in der Lage gewesen, ihren Pflichten zur Abgabe der Steuererklärungen und des Jahresabschlusses nachzukommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Bescheid über die Zwangsgeldandrohung vom 11.1.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.4.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung Bezug. Er hat den Rechtsstreit nach Einreichung der Steuererklärung für erledigt erklärt. Die Klägerin hat sich hierzu nicht geäußert.

Dem Gericht hat ein Hefter zur St-Nr. ... vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

I. 1. Die Klage ist zulässig.

Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin gemäß § 40 Abs. 2 AO ist nicht etwa dadurch entfallen, dass sie zwar den Bescheid über die Zwangsgeldandrohung vom 11.1.2001, nicht jedoch den Bescheid über die Zwangsgeldfestsetzung vom 15.2.2001 angefochten hat und das festgesetzte Zwangsgeld gezahlt hat.

Die hier vorliegende einseitige Erledigungserklärung des Beklagten stellt lediglich eine Anregung an das Gericht dar, die Frage der Erledigung zu prüfen und ggf. aus diesem Grunde die Klage mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzuweisen (Bundesfinanzhof - BFH - Beschluss vom 5. 3.1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375).

Im Streitfall liegt das Rechtsschutzinteresse der Klägerin vor. Denn eine nicht angefochtene Festsetzungsverfügung kann nicht in das Klageverfahren einbezogen werden, wenn - wie vorliegend - nur die Androhungsverfügung angefochten ist. Wird die Androhungsverfügung nämlich aufgehoben, so ist die Festsetzungsverfügung nach § 130 Abs. 1 AO zurückzunehmen (Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 332 Tz. 22; Hohrmann in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 332 Tz. 28).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid über die Androhung des Zwangsgeldes vom 11.1.2001 nicht in ihren Rechten verletzt.

Ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist, kann gemäß § 328 Abs.1 AO mit Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchgesetzt werden. Dies gilt auch für Verwaltungsakte, durch die - wie im Streitfall - von juristischen Personen die Vornahme von Handlungen gefordert wird (vgl. BFH-Urteile vom 27.10.1981 VII R 2/80, BFHE 134, 231, BStBl II 1982, 141; vom 12.12.1990 I R 92/88, BFHE 163, 299, BStBl II 1991, 384).

Auch die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen darf mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Es ist ständige und von Rechtsprechung und Literatur gebilligte Praxis der Finanzämter, derartige Aufforderungen durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern durchzusetzen oder dies zumindest zu versuchen (s. h. Reichsfinanzhof-Urteil vom 18.5.1927 VI A 158/27, RFHE 21, 214; Steuer und Wirtschaft - StuW - 1927 Nr. 295; BFH-Beschluss vom 18.11.1986 VII S 16/86, BFH/NV 1987, 669; Tipke / Kruse, a.a.O., § 328 AO 1977 Tz. 11; Schick, StuW 1988, 301, 326; BFH-Beschluss vom 22.12.1993 I BStBl II 59/93, BFH/NV 1994, 447).

Bei der Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Dem FA steht sowohl hinsichtlich der Androhung als auch in bezug auf die Festsetzung des Zwangsgeldes ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu, das im Rahmen von § 5 AO auszu...

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