Revision eingelegt (BFH XI R 20/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerbefreite Lieferungen für die Seeschifffahrt

 

Leitsatz (amtlich)

Lieferungen (zum Verbrauch bestimmtes Dialysematerial) für eine an Bord eines Kreuzfahrtschiffes von einem Dritten selbständig betriebene Dialysepraxis sind nicht gem. § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG umsatzsteuerfrei.

 

Normenkette

UStG § 8; EWGRL 388/77 Art. 15 Nrn. 4-5, 8; EWGRichtl-2006/112 Art. 148a, 148c, 148d

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerliche Behandlung der Lieferung von Dialysebedarf an Bord von Kreuzfahrtschiffen.

Gegenstand des Betriebs der Klägerin ist der Vertrieb von Waren und Artikeln des Krankenhausbedarfs.

In den Streitjahren lieferte sie Dialysematerial (Kanülen, Spritzen, Säurekonzentrat, Schlauchsysteme etc.) an Bord der Kreuzfahrtschiffe MS bzw. MV A, MS B und MS C (Rechnungsübersicht nebst Rechnungen s. Anlage Schriftsatz der Klägerin vom 28.03.2012 und Anlagenkonvolut K 9). Für diese Schiffe wurden (und werden) "Kreuzfahrten mit Dialyse" angeboten (s. ... Dr. med. D http://www....).

Zum Zeitpunkt der Lieferung befanden sich die Schiffe in deutschen Häfen, am Kreuzfahrtterminal in Hamburg ..., am ...-Kai in K bzw. am...-Höft ... in E. Es handelte sich dabei jeweils um Gebiete, die außerhalb der Freihafenzone liegen. Die Rechnungen waren adressiert an "... Dr. med. D, X-Straße" in Hamburg. Diese Anschrift war in den Streitjahren auch als private Wohnanschrift von Dr. D gemeldet. Aus den Rechnungen ergaben sich zudem das jeweilige Schiff und der entsprechende Liegehafen.

Dr. D betreibt auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung mit dem jeweiligen Schiffseigner bzw. Schiffsmanager (Schreiben Dr. D vom 13.03.2012,Gerichtsakte - GA - Bl. 35 f., exemplarische Vereinbarungen - aus dem Jahr 2003 bzw. ohne Datum - als Anlage zu den Schreiben Dr. D vom 13.03.2012 und 31.08.2012 - GA Bl. 35 f., 50) eine Dialysestation an Bord der Schiffe, die er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit eigenem Personal führt. Nach Auskunft von Dr. D gibt es daneben auf den Schiffen ein reguläres Schiffshospital, reservieren die dialysebedürftigen Patienten zunächst bei Dr. D einen Dialyseplatz und buchen diese sodann mit dem Reiseveranstalter die Kreuzfahrt. Nach Auskunft des für die MS B zuständigen Reiseveranstalters (Erklärung Frau F für die G GmbH, s. Telefonvermerk vom 31.08.2012 GA Bl. 51) wird dort intern und in einer Reisebuchungsbestätigung für den Passagier vermerkt, dass es sich um einen Dialysepatienten handelt. Nach Auskunft von Dr. D betreibt er Dialysestationen zudem ausschließlich an Bord von Kreuzfahrtschiffen (Erklärung vom 13.03.2012). Für die Lieferungen lagen z. T. Ausfuhranmeldungen mit einem auf der Rückseite angebrachten Aufdruck "zur Ausfuhr überlassen und zum Verbrauch an Bord bestimmt" nebst Zollstempel vor (z. B. Betriebsprüfungsarbeitsakte - BpA Bl. 119 ff.), z. T. Urkunden mit der Überschrift "Ausfuhrbescheinigung/Verbringungsnachweis für Umsatzsteuerzwecke" (z. B. BpA Bl.113 f. = Anlage K 8 zur Gerichtsakte). Nach Auskunft von Dr. D legten die betreffenden Kreuzfahrtschiffe weltweite Routen zurück, u. a. zu den ..., zum ..., mit Fahrten nach .... Dialysen fänden regelmäßig frühestens in der Nacht nach Verlassen des Starthafens und nur im Falle von erforderlichen Notfallbehandlungen auch im deutschen Start- oder Endhafen statt. Alle gelieferten Dialysematerialien würden ausschließlich an Bord verbraucht.

Die Klägerin behandelte die Lieferungen als steuerfreie Ausfuhrlieferungen.

In der Folge einer Außenprüfung (Bericht vom 26.04.2010) wertete der Beklagte die Lieferungen in den Änderungsbescheiden vom 11.06.2010 betreffend Umsatzsteuer 2005 - 2007 als umsatzsteuerpflichtige Lieferung im Inland. Dabei legte der Prüfer nach Rücksprache mit dem Berater der Klägerin die Rechnungsbeträge als Nettobeträge zugrunde (Aktenvermerke vom 21.04.2010 und vom 21.01.2010, Telefonnotiz vom 20.04.2010 BpA Bl. 126, 83, 124).

Mit am 07.07.2010 eingegangenem Schriftsatz vom 06.07.2010 legte die Klägerin Einspruch gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2005 - 2007 ein. Die Dialysestationen an Bord der Schiffe stellten umsatzsteuerliche Betriebsstätten dar, die Waren würden ausschließlich an Bord verwendet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 07.01.2011 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Es handele sich um umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Lieferungen im Inland; gem. § 3 Abs. 6 Umsatzsteuergesetz (UStG) gelte die Lieferung als am Sitz der Klägerin ausgeführt. § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 UStG sei mangels unmittelbarer Lieferung an den Betreiber des Seeschiffes nicht einschlägig. Eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gem. § 6 Abs.1 UStG liege nicht vor, da die Lieferungen weder in einen Freihafen noch in ein Drittlandsgebiet erfolgt seien. Die spätere Verwendung bzw. der spätere Verbleib der Gegenstände sei umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.

Am 19.01.2011 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Allein auf...

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