Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass der Tabaksteuer aus persönlichen Billigkeitsgründen bei Zigarettenschmuggel

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in Fällen des Zigarettenschmuggels lediglich die Tabaksteuer gegenüber dem Lkw-Fahrer, auf dessen LKW Zigaretten vorschriftswidrig ins Gemeinschaftsgebiet verbracht worden sind, geltend gemacht, ist Raum für einen Erlass der Tabaksteuer aus persönlichen Billigkeitsgründen, da nach § 21 S. 2 TabStG § 227 AO für den Erlass oder die Erstattung aus in der Person des Steuerschuldners liegenden Billigkeitsgründen unberührt bleibt. Anders als der Erlassantrag nach Art. 239 Zollkodex ist ein Erlassantrag nach § 227 AO nicht fristgebunden.

 

Normenkette

TabStG § 21 Abs. 2; EWGV 2913/92 Art. 239

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt den Erlass von Einfuhrabgaben.

Mit Steuerbescheid vom 8.6.2000 nahm der Beklagte den Kläger wegen Tabaksteuer in Höhe von 92.453,08 DM in Anspruch. Dem lag die Feststellung zu Grunde, dass der Kläger am 14.4.2000 als Fahrer eines litauischen LKWs über das Zollamt Frankfurt (Oder) Holz in das Bundesgebiet eingeführt und angemeldet hatte. Dabei habe er die Zuladung von 674.840 Zigaretten durch Nichtanmeldung verheimlicht und diese damit vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht. Daher seien nach Art. 202 Abs. 1 Zollkodex die Einfuhrzollschuld und entsprechend die Tabaksteuer sowie die Einfuhrumsatzsteuer entstanden. Nach Art. 202 Abs. 3 Zollkodex sei der Kläger Zollschuldner geworden.

Mit Schreiben vom 20.8.2000 legte der Kläger gegen den Steuerbescheid Einspruch ein.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger am 17.10.2000 vor dem Finanzgericht Hamburg Klage gegen den Steuerbescheid erhoben. Mit Verfügung vom 28.9.2004 wies der Vorsitzende des 4. Senats den Kläger darauf hin, dass seine Klage zwar keinerlei Erfolgsaussichten habe, dass jedoch die Möglichkeit eines Erlassverfahrens nach Art. 239 Zollkodex bestehe. Daraufhin nahm der Kläger die Klage zurück, das Verfahren wurde mit Beschluss vom 29.11.2004 eingestellt.

Mit an das Finanzgericht Hamburg gerichtetem Schreiben vom 27.2.2004 hat der Kläger den Erlass der Abgaben nach Art. 239 Zollkodex beantragt. Darin trägt er vor, ein anderer Fahrer habe die Ware in R in Lettland verladen. In R sei der Auflieger mit einer Zollplombe versiegelt worden. Von dort sei er nach Litauen verbracht worden. Er - der Kläger - habe die Ware dann für den erkrankten ursprünglich vorgesehenen Fahrer nach Spanien fahren sollen. Aus dem CMR-Frachtbrief habe er ersehen, dass der Auflieger mit Holz beladen gewesen sei. Dass darüber hinaus Zigaretten verladen worden seien, habe er nicht gewusst und auch nicht wissen können. Er habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Ladung zu prüfen. Es sei auch nicht sein Fahrzeug gewesen.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Osnabrück wurde der Kläger wegen des Zigarettenschmuggels zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen je 10 EUR verurteilt.

Mit Schreiben vom 19.11.2004 stellte der Kläger erneut einen Antrag nach "§ 239 Abs. 2 Zollkodex" auf Erlass der Abgaben.

Mit Bescheid vom 9.12.2004 lehnte der Beklagten den Erlassantrag ab, da er nicht innerhalb der 12-Monatsfrist des Art. 239 Zollkodex gestellt worden sei. Ein Erlass sei zudem unbegründet, da der Kläger in betrügerischer Absicht oder zumindest offensichtlich fahrlässig gehandelt habe. Das Gegenteil habe er nicht bewiesen. Er sei mit der für Spanien bestimmten Ladung von der üblichen Fahrstrecke abgewichen, ohne hierfür konkrete Gründe nennen zu können.

Am 14.1.2005 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Er führte aus, bereits der Einspruch vom 20.8.2000 gegen den Steuerbescheid sei als Erlassantrag auszulegen gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Davon abgesehen sei die Frist des Art. 239 Abs. 2 Zollkodex zu verlängern gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass die Frist erst mit dem Ende des Gerichtsverfahrens zu laufen beginne. Er habe weder in betrügerischer Absicht noch offensichtlich fahrlässig gehandelt. Ihm sei der Lkw bereits verplombt übergeben worden. Er habe daher keine Möglichkeit oder Befugnis gehabt, die Richtigkeit der Frachtpapiere zu überprüfen. Dass er von der Autobahn abgefahren sei, liege daran, dass er sich verfahren habe. Wäre die Zollstreife ihm gefolgt, hätte sie sehen können, dass er versucht habe, zurück auf die richtige Strecke zu gelangen. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 27.4.2005 zurückgewiesen.

Mit seiner am 26.5.2005 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend führt er aus, der Lkw sei an der litauisch/polnischen Grenze durch den Zoll kontrolliert und neu verplombt worden. Auf der A 30 habe er auf die A 1 Richtung Münster und dann auf die A 5 fahren wollen. In Osnabrück habe er versehentlich die A 1 Richtung Norden statt Richtung Süden genommen. Als er dies bemerkt habe, habe er die Autobahn verlassen, um zu wenden. Im Übrigen nimmt er Bezug auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahre...

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