Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug eines Universitätsprofessors für Mitgliedsbeiträge, Schreib- und Bürobedarf, häusliches Arbeitszimmer und häusliche Telefonkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mitgliedsbeiträge eines Universitätsprofessors an wissenschaftliche Organisationen sind insbesondere dann beruflich veranlasst, wenn er für sie ehrenamtlich tätig ist und das Ehrenamt den Hauptberuf fördert oder wenn die Tätigkeit der jeweiligen Organisation auf dem beruflichen Fachgebiet des Steuerpflichtigen liegt (hier: Mitgliedschaft eines Professors der Literaturwissenschaften bei Goethe-Gesellschaften, der Hölderlin- und der Hebbel-Gesellschaft).

2. Ein verbeamteter Universitätsprofessor hat keinen Anspruch darauf, dass ihm der öffentliche Arbeitgeber alle beruflich veranlassten Ausgaben ersetzt. Im Einzelnen nachgewiesene, beruflich veranlasste, vom Arbeitgeber nicht erstattete Ausgaben sind daher als Werbungskosten abziehbar (hier: Aufwendungen für häusliches Arbeitszimmer, Fachliteratur einschließlich der Kosten des Buchbinders, Schreibbedarf, Porti usw.).

3. Schätzung des beruflichen, als Werbungskosten abziehbaren Anteils der häuslichen Telefonkosten mit 90% der Aufwendungen.

4. Zu den Nachweispflichten und zum Anspruch des Arbeitnehmers auf unveränderte weitere Anerkennung von in der Vergangenheit bereits durch das FA anerkannten erhöhten Werbungskosten beim Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten.

 

Normenkette

LStDV 1954 § 20 Abs. 2, 1, § 27 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tenor

Unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung und der Verfügung des Finanzamts Hamburg- … vom 9. Februar 1954 wird der lohnsteuerfreie Betrag für Werbungskosten für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1954 auf 257.– monatlich festgesetzt.

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Berufungsführer zu 3/10 und der Freien und Hansestadt Hamburg zu 7/10 zur Last.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 539.– festgestellt.

Gegen dieses Urteil ist die Rechtsbeschwerde an den Bundesfinanzhof in München nur gegeben, wenn der Wert ihres Streitgegenstandes höher ist als zweihundert Deutsche Mark.

Die Rechtsbeschwerde kann schriftlich (in dreifacher Ausfertigung) oder zu Protokoll bei der Geschäftsstelle des Finanzgerichts eingelegt werden. Dies kann nur bis zum Ablauf eines Monats geschehen, gerechnet vom Ende des Tages ab, an dem dieses Urteil zugestellt worden ist. Bei der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gilt dieser mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 3. Juli 1952; Bundesgesetzblatt I S. 379).

Im übrigen wird auf §§ 249, 285, 286, 288 bis 290 der Reichsabgabenordnung (AO) und auf § 6 Abs. 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29.6.1950 (Bundesgesetzblatt S. 258) verwiesen.

 

Tatbestand

Der verheiratete Berufungsführer (Bf) (Steuerklasse I) bezieht als … von der Freien und Hansestadt Hamburg-… – einen Bruttoarbeitslohn von mtl. …. Daneben hat er keine weiteren Einkünfte, insbesondere nicht aus freier Berufstätigkeit.

Er beantragte unter dem 29.12.1953 die Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten und Sonderausgaben sowie außergewöhnlicher Belastungen für das Jahr 1954 wie folgt:

Werbungskosten

323,60

DM

mtl.

(=

3 883,20

DM

jährl.),

Sonderausgaben

70,55

(=

846,60

”),

außergewöhnl. Belastung

100.-

(=

1 200.-

”).

Das Finanzamt Hamburg-… FA) anerkannte die geltend gemachten Sonderausgaben und die außergewöhnliche Belastung in voller Höhe, jedoch konnte nach Anrechnung der zumutbaren Belastung eine Steuerermäßigung für außergewöhnliche Belastung nicht gewährt werden.

Die in Höhe von 3 883,20 DM geltend gemachten Werbungskosten anerkannte das FA nur in Höhe von 1 898,40 DM. Im übrigen wurde ihre Anerkennung durch Bescheid vom 9.2.1954 abgelehnt.

Hiergegen legte der Bf am 9. März 1954 mit folgender Begründung Einspruch ein:

Entgegen der ihm bisher, und zwar auch in Hamburg bei den FÄ Hamburg-… und Hamburg-… zuteilgewordenen, den besonderen Verhältnissen des akademischen Berufs Rechnung tragenden Besteuerungspraxis gehe der angefochtene Bescheid des FA Hamburg-Nord ganz offensichtlich auf eine unzureichende Würdigung der Position und der Berufsausgaben von Hochschullehrern, vor allem von ordentlichen Universitätsprofessoren, zurück. Wesentlich und entscheidend sei, da sich die berufliche Tätigkeit eines ordentlichen Universitätsprofessors auf keine Weise unter der Kategorie des „öffentlich Bediensteten” erschöpfend erfassen, beschreiben und bewerten lasse.

Im einzelnen sei zu bemerken:

1. Abweichend von der bisherigen Praxis lasse das FA den größten Teil der Mitgliedsbeiträge zu wissenschaftlichen Gesellschaften (Goethe-Gesellschaften Weimar und Hamburg, Hölderlin-Gesellschaft, Hebbel-Gesellschaft, Freies deutsches Hochstift) mit der Begründung nicht zu, daß dies keine Berufsverbände seien. Demgegenüber betone er, daß er den genannten Gesellschaften nicht als Pr...

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