Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bedeutung des Mindesthaltbarkeitsdatums für die handelsübliche Qualität des Erzeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist das vom Hersteller angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum nicht nur geringfügig überschritten, ist das Erzeugnis unter erstattungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht (mehr) von handelsüblicher Qualität (Art. 13 Unterabs. 1 VO (EWG) Nr. 36655/87).

2. Erzeugnisse mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum stellen keine Waren minderer Qualität dar, die - wenn auch unter besonderen Hinweisen und/oder Preisnachlässen gleichsam einem Produkt zweiter Wahl - Gegenstand des Handels im Gemeinschaftsgebiet sind.

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 13 Unterabs. 1; EGV 800/1999 Art. 21 Abs. 2; Richtlinie 2000/13EG Art. 9 Abs. 1; Richtlinie 79/112/EWG Art. 9 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.06.2004; Aktenzeichen VII R 74/03)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Die Klägerin ließ im Dezember 1997 Rindfleisch der Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9400 zur Erstattungslagerung mit dem Ziel der Ausfuhr nach Kroatien abfertigen und beantragte hierfür die Vorfinanzierung eines der Ausfuhrerstattung entsprechenden Betrages, was das beklagte Hauptzollamt ihr mit Erstattungsbescheid vom 22.1.1998 gewährte.

Mit Ausfuhranmeldung vom 8.6.1998 meldete die Klägerin das eingelagerte Rindfleisch beim Hauptzollamt H zur Ausfuhr nach Bosnien-Herzegowina an. Im Rahmen der Beschau der Warensendung entnahm das Zollamt Güterbahnhof der Sendung eine Untersuchungs- und Rückstellprobe, die zur Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg gesandt wurden. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg kam in ihrem Untersuchungszeugnis und Gutachten vom 1.9.1998 zu dem Ergebnis, dass eine gesunde und handelsübliche Qualität der Ware nicht bescheinigt werden könne, da das Mindesthaltbarkeitsdatum (28.4.1998) überschritten sei. Daraufhin forderte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 2.11.1998 die vorfinanzierte Ausfuhrerstattung mit einem Zuschlag von 20 % in Höhe von insgesamt DM 8.391,77 unter Hinweis auf das Gutachten der Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg zurück.

In ihrem hiergegen gerichteten Einspruch wandte die Klägerin ein, die im Rahmen der Ausfuhrabfertigung vorgelegten veterinärrechtlichen Zeugnisse belegten eine einwandfreie Qualität der ausgeführten Erzeugnisse. Auch der Empfänger der Ware habe zwischenzeitlich bestätigt, dass die Sendung ohne jegliche Beanstandung zu Produkten für den menschlichen Verzehr verarbeitet worden sei und sich in einem lebensmittelhygienisch einwandfreien Zustand befunden habe. Im Übrigen habe es sich bei dem auf den Kartons bzw. Waren aufgedruckten Datum um kein Mindesthaltbarkeitsdatum, sondern um ein bloßes Verbrauchsempfehlungsdatum gehandelt. Die Überschreitung des Verbrauchsempfehlungsdatums um vier Monate habe keinerlei Bedeutung hinsichtlich der gesunden und handelsüblichen Qualität der Erstattungserzeugnisse, da diese sich in einem tiefgefrorenen Zustand befunden hätten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.9.2000 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin zurück. Auf die Begründung der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat am 12.10.2000 Klage erhoben. Sie meint, der Begriff der gesunden und handelsüblichen Qualität beschreibe keine positive, stets zu belegende Erstattungsvoraussetzung, vielmehr handele es sich hierbei um ein negatives Tatbestandsmerkmal des Erstattungsanspruchs, das lediglich aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise zu prüfen sei. In seinem Urteil vom 9.10.1973 (C 12/73) habe der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass das Erfordernis der gesunden und handelsüblichen Qualität ein Instrument zur Abwehr von Erstattungsmissbräuchen darstelle und deshalb lediglich verlange, dass die Erstattungsware aufgrund ihrer objektiven Eigenschaften überhaupt marktfähig sei. Das vom beklagten Hauptzollamt in Bezug genommene Mindesthaltbarkeitsdatum, das lediglich das Datum eines Lebensmittels beschreibe, bis zu dem dieses seine spezifischen Eigenschaften unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen behalte, habe keine erstattungsrechtliche Relevanz. Erstattungsrechtlich von Bedeutung sei allein das Verbrauchs- bzw. Verfallsdatum, bei dem es darum gehe, ab wann der Verzehr von Lebensmitteln eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit bedeute. Ungeachtet dessen habe jedenfalls ihr drittländischer Kunde die Waren nicht beanstandet, ein Umstand, der ein starkes Indiz dafür sei, dass die Erzeugnisse erstattungsrechtlich von handelsüblicher Qualität gewesen seien.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 2.11.1998 sowie die Einspruchsentscheidung vom 12.9.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheides.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den I...

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